Andi Fischer
Das erste Mal habe ich Andi Fischer (*1987 in Nürnberg) im Frühjahr 2021 in seinem Atelier besucht, damals noch am Treptower Park. Fast zwei Jahre später besuche ich ihn erneut, diesmal in seinem Studio in Moabit. Es ist viel passiert in der Zwischenzeit und doch fühlt sich alles erstaunlich vertraut an. Das hier vorliegende Interview und die Fotos fassen unsere Gespräche und Atelierbesuche zusammen und versuchen einen Einblick in die Arbeit und in die Gedanken von Andi zu geben. Wir sprechen über den Weg vom KFZ-Mechaniker zur Kunst, die Zeiten an der UdK Berlin, über den eigenen Zugang zur Kunstgeschichte, darüber wie Leichtigkeit und Rebellion zusammengehen und über die Dankbarkeit, tun zu können, was man liebt. Und ein bisschen Handwerker ist er dann doch noch: das ein oder andere Motorrad steht herum, an dem geschraubt wird und der hintere Teil des Ateliers ist eine wunderbare Werkstatt, um Dinge aus Holz zu fertigen, wie Skulpturen oder auch die Rahmen für die eigenen Bilder.
Hallo Andi, schön, dass wir uns hier wiedersehen – das letzte Mal als ich dich besucht habe, war vor fast 2 Jahren in deinem alten Studio in Treptow. Seit wann bist du nun hier in Moabit?
Hallo Malte, schön, dass du hier bist. Ich bin vor genau einem Jahr hier eingezogen. Das war Anfang 2022. Ich bin damals grad aus Frankreich zurückgekommen, genau wie in diesem Jahr auch etwa um die Zeit.
Du bist ja öfter mal für längere Zeit in Frankreich und kommst jetzt auch grad wieder von dort zurück – was machst du, wenn du da bist? Sind es eher Erholungsphasen oder Arbeitsphasen dort für dich?
Also, ich arbeite da eigentlich gar nicht. Ich kaufe dann zwar manchmal Materialien, falls man doch mal arbeitet, Blöcke und Farben, aber die kommen dann doch nicht zum Einsatz. Und das ist irgendwie auch gut so, denn das ist schon auch eine bewusste Auszeit, in der ich sage, ich male da keinen Strich. Es sind auch immer Freunde dabei, wir sind dort in einem alten Haus und es tut einfach gut. Und die Landschaft dort ist einfach grandios.
Wo genau ist das?
Das ist in der Bretagne. Es ist wärmer als es hier ist und du hast dort jeden Tag mal Sonne und mal Regen. Es ist total angenehm, da rauszugehen und die Natur aufzusaugen und wahrzunehmen. Das ist eigentlich schon Inspiration genug. Und das Schönste an der Natur dort ist, dass nicht viel passiert. Aber wenn du dann mal irgendeinen Vogel siehst, dann ist das gleich immer was ganz Besonderes. Es ist einfach die Ruhe dort, das Essen ist toll und wir gehen dort viel surfen, sonst passiert da nichts um diese Jahreszeit. Zwei Monate war ich jetzt dort, erst alleine, dann mit Freunden, das tut richtig gut.
Das klingt traumhaft. Und manchmal tut es ja auch einfach gut, mal aus Berlin rauszukommen, oder?
Ja, ich merke, wie gut es ist, mal aus Berlin raus zu sein und vor allem auch aus dem Kunstzirkus. Obwohl ich mich hier auch gar nicht so reinwühle, ich renne nicht von einer Ausstellungseröffnung zur nächsten oder so. Dennoch zieh ich mich dort schon ein bisschen raus, das ist sehr angenehm. Ich merke dann aber auch, dass der Start nach so einer Auszeit schwer fällt. Wenn ich dann wieder zurück bin und vor der weißen Leinwand stehe, dann ist der Respekt vor den ersten Strichen ziemlich groß. Ich werde dann immer ganz ehrfürchtig. Da fang ich dann meistens erstmal an aufzuräumen.
Haha, das klassische Prokrastinieren.
Ja, genau das. Da fällt mir dann ganz viel ein, nur nicht malen. Aber dann ist es natürlich auch schön, wenn es wieder losgeht.
Es ist schon toll und hilft einem irgendwie auch, dass es solche und solche Phasen gibt, oder?
Ja total, und es ist auch ein großes Privileg, dass ich mir solche Phasen nehmen kann. Ich bin da wahnsinnig happy und sehr dankbar dafür.
Das versteh ich gut, wer kann schon einfach mal sagen, ich bin für zwei Monate raus – das ist doch großartig.
Ja natürlich, auf jeden Fall!
Bevor ich einen Künstler besuche und ein Interview mache, versuche ich mich zu erinnern, welche Berührungspunkte es vorher schon mal gab. Wo ist mir die Arbeit zum ersten Mal aufgefallen, was ist mir in Erinnerung geblieben und warum. Bei dir war das der UdK Rundgang hier in Berlin, so vor etwa 5 Jahren. Ich erinnere mich noch ganz genau, als ich das erste Mal vor deinen Bildern stand und dachte, wer macht sowas? Das ist wirklich besonders. Ich glaub das ging vielen Besuchern so, es löst etwas in einem aus.
Die meisten Leute haben sofort einen Zugang dazu, ob der jetzt positiv oder negativ ist, sei mal dahingestellt. Durch meine Art und Weise zu malen, wird natürlich sofort der Impuls geweckt von „das kann ich auch“. Die Art und Weise, wie ich arbeite, ist relativ zugänglich denke ich. Ob dann Leute lachend oder kopfschüttelnd weggehen, das kann ich nicht sagen. Und ob die Thematiken, mit denen ich mich beschäftige, ankommen oder nicht, kann ich auch nicht sagen. Dieser einfache Zugang war auch immer ein Anspruch von mir an meine Arbeiten, weil ich auch selbst aus einem Background komme, der nicht so kulturell bewandert war. Kunst hat in meiner Kindheit keine Rolle gespielt und deshalb war es mir immer wichtig, eine Leichtigkeit in die Arbeiten zu bekommen, um einen schnellen Zugang zu schaffen. Ich will, dass keiner ausgeschlossen ist, auch wenn sich das natürlich nicht umsetzen lässt.
Es ist ja vielleicht auch in Ordnung, wenn manche Leute mehr in die Tiefe gehen, kunsthistorische Bezüge erkennen und so weiter und andere sehen einfach nur einen seltsamen Vogel oder ein Krokodil und sind auch glücklich und finden es gut.
Das ist auch meine Herangehensweise: man soll erkennen, wie ich selbst zur Kunst kam. Ich will die Kunstgeschichte verstehen und ich will auch meine eigene Geschichte dadurch verstehen. Ich glaube es ist eine Arbeitsweise, mit der ich mich da heranwage. Das ist mein Zugang und ich versuche den Eingang so simple wie möglich zu machen. Ich will das Tor für die Betrachter so weit offen lassen, wie es geht, auch wenn das nicht immer gelingt – allein schon weil die Räumlichkeiten, in denen man ausstellt, gar nicht jedem immer zugänglich sind. Aber wenn die Leute vor meiner Arbeit stehen, dann soll die Tür so weit offen stehen, wie’s geht.
Die Leichtigkeit, die du ansprichst, überträgt sich ja auch auf die Betrachter. Und durch den einfachen Zugang öffnet man sich auch selbst mehr – also der Zuschauer macht das Tor auf und du machst in deinen Arbeiten auch das Tor auf. Was ein sehr schönes Bild ist finde ich für den Dialog mit deiner Arbeit.
Ja genau. Und ich glaube, diese beidseitig offene Position ruft dann auch oft erstmal ein Schmunzeln hervor.
Erinnerst du dich an die Reaktionen vom Rundgang?
Ja, da erinnere ich mich schon noch ganz gut dran. Du musst dir vorstellen, dass es zu dem Zeitpunkt eine Situation ist, in der man weit entfernt davon ist, davon zu leben. Also mir war klar, dass ich von dem, was ich die letzten 4 oder 5 Jahre gelernt habe, nicht werde leben können. Aber dennoch war da eine Sicherheit und ein Selbstvertrauen, es wird trotzdem irgendwie weitergehen.
Wie war es bei Thomas Zipp zu studieren?
Ich habe sehr gerne bei Thomas Zipp studiert, er hat mich immer unterstützt. Vor allem darin, einfach weiterzumachen. Er hat mich nie ausgebremst oder ähnliches, er war immer sehr positiv im Sinne von: mach so weiter, das ist gut so.
Gerade in so einer Phase, wo man sich vielleicht auch selbst nicht immer sicher ist, ist es bestimmt wichtig, wenn jemand einem den Rücken stärkt und sagt: zieh dein Ding durch.
Ja, genauso war das auch. Und die Arbeiten, die ich auf dem Rundgang gezeigt habe, ähnelten in meinen Augen auch wieder dem, womit ich mich an der UdK früher beworben habe, nur damals in kleinerem Format. Im Studium entwickelt man sich natürlich, ich habe auch mal Performance oder Video probiert und so weiter. Am Ende des Studiums bin ich dann aber wieder dahin zurückgekommen, wo ich herkam. Und dann war klar, das muss ich auch so zeigen. Ich hatte auch schon vorher mal hier und da eine Resonanz auf meine Arbeiten bekommen, aber noch nicht so, das war schon eine Ausnahme. Und das war so für mich wirklich nicht abzusehen.
Ich habe mich gefragt, warum ich deine Arbeiten eigentlich so sehr mag. Und es ist so: sie geben mir als Betrachter das Gefühl, dass es gut ist, auf sich selbst und sein Bauchgefühl zu hören. Sie machen Mut, Dinge einfach so zu machen, wie man es eben tun will, ohne Kompromisse. Das klingt vielleicht bescheuert, aber ist wohl so. Kannst du was damit anfangen?
Ja, darum geht es schon stark. Das hat auch mit meiner Herkunft zu tun. Du weißt ja, ich hatte einen Hauptschulabschluss und war KFZ-Mechaniker. Ich hatte quasi schon was in der Tasche, aber das war weit entfernt von dem, was ich heute mache. Aber dadurch hatte ich zumindest die Sicherheit zu sagen, mach es einfach, geh nach Berlin, hol dein Abitur nach und versuche, Kunst zu studieren. Ich hatte nicht wahnsinnig viel Geld in der Tasche, aber ich dachte mir damals, im Notfall gehst du halt wieder in die Werkstatt. Ich denke man muss mehr wagen.
Ja unbedingt, das denke ich auch. Wenn man deinen Hintergrund kennt, dann wirkt es durchaus wie ein Gegenentwurf zu dem „alles muss perfekt sein“, worum es im Handwerk natürlich geht. Du hast mir mal gesagt, dass du nicht unbedingt ein Freund von Autoritäten und Hierarchien bist. Ist deine Arbeit auch ein stückweit eine Rebellion dagegen, also gegen gewisse Spielregeln im Sinne von „das wird so gemacht, weil wir es immer schon so gemacht haben“?
Haha, ja das mit den Autoritäten hat sich nicht geändert seit unserem letzten Gespräch (lacht). Du musst dir vorstellen, in den Strukturen, in denen ich vorher war, ging es nur darum: alles war geplant und vorhersehbar. Da gab’s keinen Spielraum und da stach ich immer schon heraus. Das hört sich heute doof an, aber ich war dann immer der, der da langhaarig in der KFZ-Innung herumstand. Damit war ich schon Außenseiter in deren Welt. Ich hatte da immer eine gute Zeit, aber es ist eben sehr streng und sehr vorhersehbar. Es ist völlig klar, wo alles hingeht. Und meine Arbeiten sind eben eine ganz klare Gegenwehr gegen genau diese Strenge und gegen dieses „das muss aber so sein, weil wir sagen, das muss so sein.“
Ich finde man merkt es deinen Arbeiten auch an. Sie kommen auf der einen Seite mit dieser Leichtigkeit daher, die du vorhin angesprochen hast und gleichzeitig spürt man das „anti“ da drin und den Punk und die Rebellion gegen bestimmte Regeln, die vermeintlich gelten müssen.
Ich kann es auch gar nicht anders. Umso schöner ist es, dass es ein Publikum gibt, das sagt, das versteh ich und das find ich gut so. Das ist für mich ein großes Privileg. Es ist einfach schön, dass es oft auf eine positive Resonanz trifft.
Wie kam dann eigentlich der Übergang vom Schrauben zum Malen?
Man muss sich das erstmal so vorstellen, also in Bayern, auf dem Land lebend, mit einem Hauptschulabschluss, da steht dir nicht so viel offen. Das Malen war aber immer schon da, ich habe immer ein bisschen was gekritzelt, aber das war fernab davon Kunst zu sein, oder dass jemand mir auf die Schulter klopft und sagt, mach das mal weiter. Kunst zu machen, war einfach nie eine Option damals. Es gab da aber auch nix, außer eine Brunneninstallation am örtlichen Rathaus. Die erste Auseinandersetzung, die ich mit Kunst hatte, kam dann durch die Subkultur Skateboarden, in der ich so ein bisschen drin war. Da waren die Graphics auf den Skateboards damals, z.B. Ed Templeton mit Toy Machine oder ähnliches, aber das habe ich noch nicht bewusst als Kunst wahrgenommen. Über eine Freundin, die sich etwas mit Kunst auseinandergesetzt hat und kulturell etwas bewanderter war, hatte ich dann auch angefangen, mich damit zu beschäftigen. Durch meine ersten Besuche im Neuen Museum in Nürnberg, habe ich dann erst verstanden, was Kunst überhaupt sein kann.
Ja, das versteh ich gut. Man muss sich das erstmal erarbeiten, vor allem, wenn man aus einer kleineren Stadt kommt. Die Ästhetik aus der Skateboard-Kultur hat mich auch damals sehr angesprochen, eigentlich bis heute. Und wir haben damals über Graffiti einen ersten Zugang gehabt und nachts die Autobahnbrücken bei uns in der Stadt besprüht. Da hatte man zwar noch keine Ahnung so richtig von der Kunst, aber man wusste, das ist spannend und spricht mich an.
Wie verlief dann der Übergang vom Studium in die Realität?
Du hast ja dann direkt Berlin Masters gewonnen 2018.
Das war so der Start gewissermaßen. Das Preisgeld waren 10 000.- €, immens viel Geld.
Eine schöne Startfinanzierung…
Ja! Wenn du vorher jeden Monat immer auf null kommst und dann auf einmal dieses Geld hast, das war enorm. Mir war gleich bewusst, das Geld muss in die Kunst gesteckt werden. Ich konnte mir dann auch das Atelier am Treptower Park leisten und es dort ausbauen und Leinwände besorgen und so weiter. Das hat mich sehr nach vorne gebracht, weil ich loslegen konnte, ohne nachzudenken, wo muss ich morgen arbeiten gehen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon noch einen anderen Job bei Outdoor- und Surf-Filmfestivals, aber mit diesem Preisgeld konnte ich jetzt einfach mal in Materialien investieren.
Manchmal braucht man einfach so einen Rückenwind oder dass Dinge sich einfach gut fügen. Man hat ja auch was dafür getan. Auch wenn da sicher immer eine Portion Glück dazugehört, aber ganz ohne geht’s eben nicht.
Genau, im Nachhinein merkst du auch, da gehört so viel dazu, dass es alles funktioniert. Dass du davon leben kannst, da muss schon viel zusammenkommen. Das kannst du nicht planen und ich glaube Glück spielt da eine große Rolle. Ich glaube aber auch, dass Glück ein stückweit beeinflussbar ist.
Bist du eigentlich nach wie vor bei den Galerien Sies & Höke in Düsseldorf und Åplus in Berlin?
Ja, es war zunächst Åplus in Berlin, die dann auf mich zukamen, eine sehr kleine Galerie. Und es war schnell klar, dass wir mal eine Ausstellung zusammen machen. Und dann kam die Galerie Avlskarl in Kopenhagen auf mich zu und wollte meine Position zeigen. Und danach kamen dann Sies & Höke aus Düsseldorf dazu.
Wenn man zu viel hineininterpretiert in deine Arbeiten, kommt man sich doof vor; wenn man sie zu sehr auf die leichte Schulter nimmt, läuft man Gefahr, sie maßlos zu unterschätzen. Ich glaube, die einfach zugängliche Darreichungsform ist eine Falle – aber eine ganz wundervolle.
Ja, kann ich mir vorstellen, dass das passiert. Ich kann es nicht so richtig sagen, wie’s für die Betrachter ist, wenn sie meine Arbeiten ansehen, aber ich kann es mir vorstellen.
Die letzte Ausstellung, die ich „live“ von dir gesehen habe, war zum Gallery Weekend die Solo-Show “Ta Ta Ongart”. Die war ganz großartig, schon der Titel ist super. Dort haben mir auch die Landschaftsbilder sehr gut gefallen. Die waren was Neues, oder? Wie kam es dazu?
Die Landschaften gab es eigentlich immer schon, nur ich wollte mich vorher erstmal auf die Figuren und deren Geschichten konzentrieren. Aber dann hat es sich unter anderem bei dieser Ausstellung ergeben, auch mal Landschaften zu zeigen und dann auch in Kopenhagen letztes Jahr bei der Ausstellung. Und auch auf der Frieze konnte ich eine ganze Koje nur mir Landschaften zeigen.
Woher kommen bei dir die Bezüge zu Dürer und Rubens – was genau verbindet dich mit ihnen und was ist dein Zugang zur Kunstgeschichte?
Dürer, klar, da ist erstmal der Nürnberg-Bezug. Und man will ja auch mitreden können und da kommt man nicht drumherum, sich mit der Kunstgeschichte auseinanderzusetzen. Das ist mein Zugang einfach. Ich weiß heute relativ viel über Dürer, weil ich mich über meine Arbeiten dem ganzen genähert habe. Das ist meine Art und Weise, Dinge zu studieren. Ich bin schlecht im Lesen und im Schreiben und ich merke, das ist mein Prozess, wie ich mich Themen nähern kann, über einen visuellen Weg. Meine Art und Weise Dinge zu lernen, ist der visuelle Weg.
Was ist aktuell ein Thema, das du dir vornimmst?
Jetzt gerade sind Geschichten aus dem Mittelalter oft Thema. Ich finde das sehr spannend, wie Leute damals gedacht haben und wovor sie Angst hatten. Wovor man heute noch Angst hat, was für eine große Rolle Religion spielte und immer noch spielt. Es gibt da starke Erzählungen aus der Zeit und die nehme ich gerne auf, höre mir das an und will das dann auch malen und möchte auch, dass meine Figuren sich auf die Reise begeben und ihre Geschichte erzählen. Es ist ein großer Lernprozess, den ich durch meine Arbeiten durchmache.
Das ist eine sehr schöne Art und Weise, sich so einen Themenkomplex zu erschließen oder eine Epoche einzuverleiben auf diesem Weg. Und dazu noch eine sehr produktive Art.
Ja, so lese und recherchiere ich eine Weile über die ein oder andere Geschichte und dann male ich sie auch. Ich find das richtig gut so.
Malst du immer mit Ölkreiden?
Ja, ich male immer mit diesen Oilsticks, was sehr praktisch ist und viel unkomplizierter als mit Pinsel und Ölfarben. Es trocknet so viel schneller und man hat viel weniger Arbeit damit. Außerdem ermöglicht es mir so zu arbeiten, wie es für meine Bilder nötig ist. Mit Pinsel und Ölfarbe könnte ich diese Arbeiten gar nicht machen, wäre unmöglich für mich. Klar habe ich es irgendwann mal probiert auch mit Pinsel zu malen und so weiter, aber es funktioniert nicht für mich.
Sammelst du eigentlich auch selber? Kaufst du oder tauscht du auch?
Sowohl als auch. Manchmal kaufe ich Arbeiten und tausche natürlich auch sehr gerne.
Wenn Geld keine Rolle spielen würde und du könntest jede Arbeit in der Kunstwelt kaufen, was würdest du dir holen?
Uh... da kommen mir spontan ein paar Polke Arbeiten in den Sinn. Alle Arbeiten, die zu seiner Afghanistan/Pakistan Reise entstanden sind. Die finde ich wahnsinnig stark, das sind Fotoarbeiten, die er zum Teil koloriert hat – dafür würde ich schon sehr viel geben. Und natürlich gibt’s noch hunderttausend andere Künstlerinnen und Arbeiten, die ich wichtig und toll finde.
Hörst du Musik beim Malen? Und wenn ja, welche?
Ja, eigentlich höre ich immer Musik hier. Gerade höre ich viel Wolfgang Haffner, Matthias Eick… Ich höre aber auch gerne laute Musik, viel Gitarrenmusik. Und dann gibt es auch mal Tage, da läuft nur Klassisches, Hania Rani, Martin Kohlstedt… Aber ja, Musik muss schon sein.
Du meintest ja eingangs, dass Leute manchmal bei deinen Arbeiten so einen ersten Impuls haben zu sagen: das kann ich auch. Doch der Punkt ist ja, dass es vielleicht viele könnten, aber es eben niemand tut. Und so ist es ja ganz oft in der Kunst: es geht eben um die bewusste Entscheidung. Die Entscheidung zu sagen, ich bin Künstler, das ist meine Arbeit aus den und den Gründen und die stelle ich bewusst auf eine Bühne – diese Entscheidung ist mindestens genauso wichtig, wie das, was du malst bzw. machst als Künstler.
Absolut. Ich glaube sogar, dass sie noch wichtiger und entscheidender ist. Und es zeigt, wie entscheidend die Zeit und die Epoche ist, in der man lebt. Da sind wir wieder bei Dürer: 1502 einen Feldhasen zu malen, ist kein Handwerk, sondern ist Kunst, weil es die Zeit eben eigentlich nicht zulässt, dass du das machst. Genau da unterscheidet sich eben das eine vom anderen. Da entscheidet sich, bist du Künstler oder Handwerker. Und Dürer ist ein sehr guter Handwerker, aber eben auch ein enorm guter Künstler, weil er 1502 einen Hasen malt, in einer Zeit, in der niemand einen Hasen malt.
Jetzt aktuell läuft ja noch deine Ausstellung mit Thomas Zipp im Kölner Projektraum nw9.space. Was steht als nächstes so an in Zukunft?
Im Sommer wird es eine Ausstellung mit unserer Gruppe Dorf geben, darauf freue ich mich sehr. Ansonsten wird es eine Museumsausstellung in 2026 geben, da nehme ich mir noch Zeit für die Vorbereitung.
(Anm.d.Red.: Bei den Ausstellungen der Gruppe „Dorf“ stellt Andi seit Jahren zusammen mit den Künstler:innen Conny Maier, Dennis Buck und Michael Günzer aus.)
Klingt sehr gut, ich bin gespannt. Ich danke dir für das Gespräch und dass du dir die Zeit genommen hast.
Gerne, ich danke dir.