Denise Rudolf Frank
Denise Rudolf Frank (*1993 in Wien) hat Malerei am Central Saint Martins College in London studiert und an der Akademie der bildenden Künste Wien. Nach vielen Umzügen wohnt und arbeitet sie nun in einer alten Villa im Wienerwald, ein Ort, an dem sie durchatmen und ihrer Kunst freien Lauf lassen kann. Ihre Arbeiten tragen eine kraftvolle Handschrift und strahlen immens viel Energie und Lebenshunger aus. In unserem Gespräch geht es unter anderem um den Prozess, der zu so emotionalen und energiegeladenen Bildern führt, über das Leben zwischen Natur und Stadt, über Inspirationsquellen und ihre Erfahrungen an Kunstakademien. Aktuell läuft ihre Ausstellung „Jenise & Dordy“ in Stockholm, wo sie gemeinsam mit Jordy Kerwick ausstellt.
Hi Denise, schön, dass es klappt – ich freu mich sehr, dass du bei Studio Talks dabei bist.
Hi Malte, ich freue mich auch.
Ich hab mich gefragt, wann ich das erste Mal eine Arbeit von dir im Original gesehen habe; und das war bei „XCHANGE – a Female Art Project by Adidas Originals“ so Anfang 2020 etwa. Da waren damals auch Atusa Jafari, Johanna Dumet, Hannah Sophie Dunkelberg und einige weitere junge Künstlerinnen dabei. Und Karen Boros war damals Mentorin. Ich erinnere mich noch als ich in der Ausstellung in der Münzstraße in Berlin-Mitte war. Wie war es damals für dich, dort teilzunehmen?
Ich habe die Zusammenarbeit mit diesen großartigen Frauen sehr genossen, es hat Spaß gemacht gemeinsam in einer großen Halle kreativ zu sein. Das Projekt war zwar von Adidas organisiert, aber der Hauptfokus lag darauf, die Aufmerksamkeit auf den noch immer feminin unterbesetzten Kunstmarkt zu richten. Leider kam uns Corona dazwischen, die Ausstellung, die du gesehen hast, war also die Arbeit von weniger als 2 Wochen.
Oh krass, ich wusste nicht, dass ihr durch Corona nur so wenig Zeit hattet - es war trotzdem stark. Seitdem ist viel passiert und du hast eine Menge Shows, auch international. Glückwunsch dazu!
Danke sehr.
Ich finde deine Ausstellungen sind immer wie eine Energie-Infusion. Als ich deine Solo Show „DIARY“ bei NBB Gallery gesehen habe, hatte ich so richtig das Gefühl: wow, jetzt bin ich hellwach! Wie entstehen so energiegeladene Arbeiten, kannst du etwas erzählen, wie der Prozess bei dir ist?
Also es handelt sich um zwei separate Arbeitsschritte. Der erste Schritt ist es, die leere Leinwand auf den Boden zu legen und diese intuitiv mit Acrylfarbe zu beschütten. Die Farbe bringe ich direkt mit meinen Händen oder aus der Tube an, um emotionale Impulse besser übertragen zu können. Manchmal fange ich schon in diesem Stadium an, etwas figuratives in den Farbexplosionen zu erkennen - diese versuche ich dann leicht auszuarbeiten. Nach 3-4 Tagen ist die Farbe trocken genug, um die Leinwand an die Wand zu stellen. Das ist dann einer der spannendsten Momente. Schritt zwei, ich interpretiere mein eigenes Werk. Mit Ölfarbe hole ich entdeckte Figuren, Landschaften oder Gefühle heraus. Ebenfalls mit den Händen, um kein Medium außer die Farbe selbst zwischen mir und dem Malgrund zu haben.
Du hast jetzt eine Ausstellung in Stockholm zusammen mit Jordy Kerwick - der auch ganz wundervolle Arbeiten macht, wie ich finde – wie kam es dazu, dass ihr beiden zusammen ausstellt?
Ich habe Jordy vor zwei Jahren durch ONE OFF ANY kennengelernt und wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden, privat wie auch künstlerisch. Wir haben beide eine sehr grobe sowie naive Art uns auszudrücken, wir passen gut zusammen, darum war es nur mehr als logisch eine gemeinsame Show zu organisieren.
Kannst du schon sagen, was uns bei „Jenise & Dordy“ erwartet?
Nachdem Jordys Malerei mit meiner sehr konkurriert hätte, haben wir beschlossen, dass ich für die Malerei zuständig bin und Jordy sich um die dreidimensionale Bespielung kümmert. Es erwarten euch Tonnen von Farbe und Bronze.
Im Januar hast du einen Drop gemacht bei 24HDROP – kannst du denen, die es nicht kennen, mal sagen, wie das funktioniert und wie das für dich so lief?
24hdrop ist eine neue Plattform, um Kunstwerke von international aufstrebenden KünstlerInnen zu kaufen. Der Unterschied zu anderen Websites ist es, dass über eine App wöchentlich genau ein einziges Kunstwerk angeboten wird, somit kein Überangebot an Werken besteht und es somit leichter fällt, zu entscheiden. Jede/r Interessierte hat genau 24 Stunden Zeit, das Werk zu kaufen. Nach Ablauf der Zeit entscheidet das Los, wer das Kaufrecht bekommt.
Deine Arbeiten strahlen eine enorme Energie aus. Sie sind farbenfroh, emotional, kraftvoll, laut also in jeder Hinsicht intensiv. Man hat das Gefühl hinter diesen Bildern verbirgt sich eine Person mit immenser Power und Lust aufs Leben. Spiegelt sich in deinen Arbeiten eine Sehnsucht nach einem intensiven Leben? Oder was ist es, was da raus muss aus deinem Inneren?
Das ist eine tolle Beschreibung, es freut mich, wenn diese Art von Emotionen beim Betrachter ankommen. Ich bin ein sehr sensibler Mensch, meine Umgebung sowie das Weltgeschehen beeinflusst mich sehr. Zusätzlich habe ich sehr intensive Träume, wenn ich all diese Emotionen und Energien, seien sie negativ oder positiv, nicht wieder freilasse, überfordern sie mich immens. Malen ist mein Medium, durch das ich mich von innerem Lärm befreie.
Gibt es bestimmte Themen oder Dinge, mit denen du dich in Zukunft in deiner Malerei befassen willst?
Absolut, es gibt so viele Ideen, die ich gerne umsetzen möchte! Gerade arbeite ich an einer neuen Bildserie, die vom Skyspace Ta Khut von James Turrell inspiriert wurde. Letztes Jahr habe ich drei Wochen im dazugehörigen Hotel in Uruguay verbracht und mir dort oft diese absurd faszinierende Lichtinstallation angesehen.
Ok wow, das klingt spannend. Du wohnst und arbeitest hier in einer alten Villa im Wienerwald zusammen mit dem Gitarristen Michael Krammer von der Band Bilderbuch. Das klingt für mich nach einer romantischen Vorstellung eines Künstlerlebens mitten im Märchenwald. Was macht die Wohnsituation hier mit dir und deinen Arbeiten? Hat es einen Einfluss darauf?
Es ist sehr romantisch, ich habe nun Gitarrensounds im Hintergrund und das ist weitaus inspirierender als der Stadtlärm.
Das kann ich mir gut vorstellen. Warum bist du rausgezogen? War es die Sehnsucht nach der Natur oder hast du es in Wien einfach nicht mehr ausgehalten?
Ich würde sagen eine Mischung aus beidem. Versteh mich nicht falsch, die Stadt hat viele Angebote, gerade was Kultur und Kunst betrifft, die ich weiterhin auch noch regelmäßig nutzen möchte. Darum war der Wienerwald eine gute Lösung. Wir sagen hier, der Wienerwald ist die Lunge Wiens und das stimmt! Ich kann das erste Mal wieder richtig gut durchatmen und mich auf meine Arbeit konzentrieren.
Das klingt toll. Ich hab den Eindruck du bist immer in Bewegung. Viele Umzüge, viele Ausstellungen, viel Action – ist das hier der Ort, wo du zur Ruhe kommst und ganz bei dir bist?
Das stimmt, ich bin in meinem Leben 19 mal umgezogen, davon 11 mal in den letzten 15 Jahren. Deswegen wollte ich endlich ein Zuhause finden, wo ich mich wohl fühle und bleiben kann. Ich schätze, dass wir es gefunden haben :)
Wie war deine Zeit am Central St. Martin’s in London?
Sehr unangenehm, es gab ein paar Professoren, die sich viel zu sehr in das kreative Schaffen der Studenten eingemischt haben, um womöglich ihre Unzufriedenheit mit der eigenen Karriere zu kompensieren. Eine Professorin wollte, dass ich mit dem Malen aufhöre, um Aktionskünstlerin zu werden. Kurz gesagt, ich habe gelernt, was ich nicht will! Und, dass man manchmal gegen den Strom schwimmen muss, um das zu erreichen, was man will.
Und wie war es im Vergleich dazu in Wien an der Akademie?
Ich muss sagen, dass mich am meisten das Feedback von Kirsi Mikkola weitergebracht hat. Sie war extrem hart und erbarmungslos aber nie unfair. Sie hat auch sehr schnell verstanden, warum ich Kunst mache, sie hat mich in meinem Schaffen weitergebracht und nicht versucht, mich nach ihrem Geschmack zu verändern, wie es mir auf der Central St. Martin`s passiert ist.
Was war das Wichtigste, was du für dich und deine Entwicklung aus dem Studium rausgezogen hast?
Harte Arbeit lohnt sich immer! Versuche nie, jemand anderes zu sein!
Hörst du Musik beim Malen – und wenn ja, welche?
Ja immer! Punk, Funk, Pop, Rock... alles, was gerade zu meiner Stimmung passt. Zurzeit höre ich oft The Everly Brothers.
Wer sind für dich Vorbilder in der Kunst?
Da gibt es so viele! Gerade eben faszinieren mich z.B. die Werke von Ida Ekblad, Daisy Parris, Georg Baselitz und Taylor White.
Was inspiriert dich am meisten?
Lustigerweise beflügelt eine Runde durch den Wald manchmal mehr als eine Runde durch das Museum. Aber das Wichtigste für mich ist, meine Freizeit zu nutzen, um neue Eindrücke zu gewinnen und nicht nur auf dem Sofa zu sitzen, um andere Künstler auf Social Media zu verfolgen. Die besten Ideen kommen, wenn einem fad wird!
What’s next? Was steht in Zukunft so an?
Ich bin in der Planung für weitere Internationale Ausstellungen - mehr will ich noch nicht verraten ;)
Viel Erfolg dabei und vielen Dank für das Gespräch!
Danke dir!
Photo Credits: Andreas Jakwerth, Mafalda Rakos