Dennis Buck

Ich mag das, wenn das Objekt an sich erst mal schön ist - wenn man dann Lust hat, kann man sich ja tiefgründiger damit auseinandersetzen.

Dennis Buck (*1989 in Ulm) ist ein Künstler, der sich und sein Werk ständig weiterentwickelt und lieber unberechenbar bleibt, als sich selbst zu wiederholen. Dabei irritiert er sein Publikum durch das Spiel mit Genres und Kontexten: wer ihn als „Flower Boy“ mit Blumen im Haar für Nike ACG sieht oder seine Arbeiten in Editorial-Fotostrecken entdeckt, wie seine Buck Bags, der mag sich fragen: ist das Mode, Kunst, Pop-Kultur oder alles gleichzeitig? Die Lässigkeit seiner künstlerischen „Moves“ hat jedoch nichts mit mangelnder Ernsthaftigkeit zu tun, im Gegenteil. Seine Arbeiten laden uns ein, sie funkeln und wollen gesehen werden, um uns auf den zweiten Blick tiefere Einblicke zu gewähren. Wir haben uns in seinem Atelier in der Leipziger Straße getroffen, wenige Meter entfernt vom Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte. In unserem Gespräch geht es unter anderem um Narzissmus, um Marken-Kollaborationen, Hasenscheiße, die Arbeit mit Silikon und wie man beinahe zufällig zu einem eigenen Verlag kommt.

Hey Dennis, danke für die Einladung in dein Atelier - seit wann arbeitest du hier und wer ist hier noch so alles im Haus?

Hey Malte, sehr gerne. Es sind noch andere KünstlerInnen und ArchitektInnen hier, ich will jetzt aber keine Namen nennen, das ist ja auch ein bisschen egal. Ich bin seit ca. 5 Jahren jetzt hier.

Im Sommer hast du hier im Studio gemeinsam mit Marlene A. Schenk die Group Show „Frenemies“ organisiert mit tollen Leuten wie Jan Zöller, Grace Weaver, Felix Schröder, Atusa Jafari und einigen mehr – wie kam es zu der Ausstellung und zu der Auswahl der Künstler?

Ich wollte schon länger mal so eine Studioausstellung machen, da es sich ja von der Lage her anbietet und dann hat es zeitlich gepasst und mit Marlene zusammen zu arbeiten macht sowieso Spaß. Gezeigt haben wir ausschliesslich figurative MalerInnen. Quasi ein Best-Of.

Deine Arbeiten sind mir zum ersten Mal aufgefallen als du auf der Sunday Art Fair in London vertreten warst und durch die Ausstellung „I’m done tanning“ in der Potsdamer Straße bei Stadium Berlin. Das war beides 2019 und ich hab das Gefühl, dass da irgendwie so ein Punkt war, seitdem du und deine Arbeiten viel mehr Sichtbarkeit und Resonanz bekommen haben – hattest du auch den Eindruck?

Haha, ja natürlich merkt man das, weil es ja auch mehr zu tun gibt. Ich glaube es hat auch damit zu tun, dass ich im November 2018 meinen Job als Studio Manager bei einem Künstler gekündigt habe und ich mich von da an voll und ganz auf mich konzentrieren konnte. Ich hatte dann noch eine Solo Show bei Roman Road 2019 und eine Solo Show bei Bonnevalle in Paris, ein Off- Space kuratiert von Loïc le Galle, welcher damals Assistant Curator im Centre Pompidou war.

Seitdem ist viel passiert. Du hast unter anderem einige Brand Collabs gemacht mit Marken wie Asics, Nike oder MCM. Während andere sich von solchen Dingen eher distanzieren, hast du keinerlei Berührungsängste und gehst mit großer Lockerheit in kommerzielle Kontexte. Du machst auch einfach mal eine Editorial Fotostrecke für deine Taschen und lässt Grenzen zwischen Mode und Kunst verwischen. Dein Kosmos scheint ohnehin mit jedem neuen Projekt zu wachsen – ich finde das großartig. Was bewegt dich dazu, so vorzugehen?

Ich kann das nicht so gut aushalten, ständig (und für immer) nur das Gleiche zu machen. Ich probiere gerne neue Dinge aus, dabei lerne ich am meisten. Und das mit den Brands ist ein tolles Privileg, wenn man das nicht machen möchte, ist das ja auch ok.

Wie kam es zu der Kollaboration mit Asics und BAM?

Phil von BAM works hat das eingefädelt. Ganz liebe Grüße an dieser Stelle auch nochmal an Phil. 

Und was genau hast du eigentlich für MCM gemacht?

Für MCM habe ich ein paar Taschen mit einem DB Monogram Muster bemalt. Ich hatte Anfang 2020 bei der Blank100 x Craveiral Residency in Portugal, mit Monogram-Muster-Bildern angefangen und als MCM dann angefragt hat, war das schnell klar, dass ich die Idee nochmal aufgreifen will und auf deren Monogram mein eigenes Monogram male.

Deine Buck Bags changierten zwischen Skulptur und Mode-Accessoir und vor allem waren sie sehr begehrt – woher kommt die Liebe zu Handtaschen? Und wie sind die eigentlich gemacht? 

Es ist doch eher komisch, wenn man keine Taschen mag. Dann hat man tausend Dinge in den Hosentaschen und sonst wo. Die Taschen habe ich immer so Ring für Ring aufgebaut. Ein bisschen wie ein menschlicher 3D Drucker.

Du arbeitest viel mit Silikon. Und du hast mir mal erzählt, dass Dein Vater beruflich auch mit Fugen und Dichtungen und sowas zu tun hatte – wie ist es für dich, mit dem gleichen Material zu arbeiten wie dein Vater, aber dann eben doch in einer ganz anderen Welt?

Total schön. Ich hab viele Kindheitserinnerungen an das Material. Die Haptik und der Geruch, wenn es noch nicht vollständig durchgetrocknet ist. Mein Vater wollte mal, dass ich seine Firma übernehme, auf eine gewisse Art und Weise habe ich das dann jetzt gemacht, nur eben anders. Wenn wir telefonieren reden wir oft über das Material, er weiss unheimlich viel über die Materialeigenschaften und wie sich das Material verhalten wird.

Vieles bei dir ist sehr glossy, auf den ersten Blick eher laut und poppig. Auf den zweiten Blick erschließen sich dann die konzeptionellen Gedanken dahinter und die Dinge bekommen mehr Tiefe. Spielst du da absichtlich so mit einer gewissen sexy Oberflächlichkeit? Oder liege ich da voll daneben?

Ich mag das, wenn das Objekt an sich erstmal schön ist - wenn man dann Lust hat, kann man sich ja tiefgründiger damit auseinandersetzten.

Durch die Materialität, die farbige Folie etc. spiegelt man sich in manchen deiner Arbeiten. Und zudem steht da oft dein Name, das hat schon was selbstreferentielles. Ist Narzissmus ein Thema, mit dem sich deine Arbeiten befassen?

Ja, in meiner aktuellen Ausstellung bei Pop;68 geht es um das Thema Narzissmus und den Ansatz, dass vielleicht doch nicht alle Narzissten sind, sondern wir vielleicht auch einfach langweilig und unbedeutend sind und es daher ganz normal ist, dass jemand das Interesse an uns verliert und eben keine Lust mehr auf uns hat. Kristin Dombek schreibt darüber ganz schön in ihrem Buch “The selfishness of others”. Und dann arbeite ich gerade an einer Ausstellung, welche im April bei Shore Gallery in Wien eröffnet. Da wird es auch unter anderem um das Thema gehen.

Das ist spannend. Ich finde das Thema Narzissmus sehr interessant und auch die verschiedenen Blickwinkel darauf. Der Ansatz, den du beschreibst, klingt erstmal erfrischend anders - werde mir das Buch von Kristin Dombek mal besorgen. Was noch auffällt bei deinen Bildern: du nutzt viel Typografie. Geht es dir da eher um die visuelle Qualität der Typo oder auch um die tatsächliche Aussage?

Um beides (grinst).

Doofe Frage: ist die Handynummer tatsächlich deine Nummer, also wenn ich vor deiner Arbeit stehe, rufe ich die Nummer an und kann dich direkt sprechen? 

Ja, früher war das meine Privatnummer. Dann hab ich mir irgendwann ein zweites Telefon geholt. Jetzt habe ich ein Arbeitstelefon und ein Privattelefon. Wenn du die Nummer anrufst und ich zufällig im Studio bin, gehe ich auch ran um deine Frage zu beantworten.

Haha okay, werde ich bei Gelegenheit mal testen. Du sprachst in dem Zusammenhang auch mal von „Business Paintings“, weil sie beinahe wie eine Visitenkarte funktionieren, oder wie?

Ja, auf den Arbeiten stand meine Studio Adresse, mein (Firmen-) Name und eben meine Telefonnummer. Ich habe also versucht, mich wie ein normales Geschäft zu verhalten, indem ich diese Informationen eben preis gebe.

Du nutzt aber auch ganz andere Techniken, z.B. das Ausbleichen durch Sonnenlicht, was quasi eine Art Langzeitbelichtung ist. Wie kann man sich das vorstellen und wo machst du das?

Das habe ich 2018 in einer Residency in Joshua Tree in der Mojave Wüste angefangen. Gefärbter Stoff wird je nachdem, wo man eben ist, für 3-6 Wochen in die Sonne gelegt und dann mit allem Möglichen abgedeckt, Stoff, Papier, Steine… es entstehen dann so tolle Momente das mal ein Hase auf den Stoff kotet und der Kot dann ein paar Tage auf dem Stoff liegt und man dann am Schluss ein paar Punkte auf der Leinwand hat, welche eben auch nicht von der Sonne geblichen wurden.

Wie geht es dir damit, wenn du die Kontrolle ein Stück weit abgibst und der Natur und dem Zufall Entscheidungen überlässt?

Das ist das Beste, quasi ein unbezahlter Praktikant (lacht).

Du hast erst in Karlsruhe an der Akademie studiert und dann an der UdK hier in Berlin. In welchen Klassen warst du und wie denkst du heute über diese Zeit?

In Karlsruhe war ich bei Gustav Kluge und in Berlin bei Valérie Favre. Gustav war ein eher autoritäre Lehrer, von dem ich viel gelernt habe und Valérie war sehr unterstützend und hat einen machen lassen. Ich bin froh, beides mitgenommen zu haben.

Du hast einige Residencies gemacht in den letzten Jahren, welche hat dir besonders gefallen und warum?

Die Blank100 x Craveiral Residency war speziell, auch durch die Pandemie bedingt. Carla und Pedro [Gründer der Residency] haben eine tolle Vision und es haben sich Freundschaften auch mit ein paar der teilnehmenden KünstlerInnen entwickelt.

Seit Jahren machst du mit deinen Freunden Conny Maier, Michael Günzer und Andi Fischer die „DORF“-Ausstellungsreihe. Die Ausstellung im Kunstverein Ulm vor einem Jahr hieß „Dorf 4 – die Letzte“, war das wirklich die letzte dieser Reihe?

Nein, das war nur ein Marketingtrick. Ähnlich wie wenn Musiker sagen “das ist jetzt das letzte Album, dann höre ich auf mit der Musik”. Wir planen bereits die nächste Dorfausstellung im Sommer 2022.

Hehe verstehe, ein gewiefter Trick! Und cool, dass es weiter geht mit der DORF-Reihe. Die Kataloge dazu – wie zum Beispiel der „Province Town“ – erscheinen in deinem eigenen Verlag „Buck Buck Book“. Warum bist du selbst zum Publisher geworden?

Das war mehr Zufall, als das ich das wollte. Wir [Dorf] hatten mal eine Ausstellung und wir hatten uns dazu entschlossen, den Katalog selbst zu machen. Meine Aufgabe war es, unter anderem mich um die ISBN zu kümmern. Eine ISBN kostet 80€ und 100 Stück kosten 240€, oder irgendwie sowas. Und so kam dann eins zum anderen. Was macht man anderes mit 99 ISBN Nummern, als einen Verlag zu gründen? Irgendwo müssen die ja hin. Nach 100 Büchern ist dann auch wieder Schluss.

Das ist interessant, man stellt sich das ja irgendwie mega kompliziert vor, einen Verlag zu gründen. Bei dir klingt es eher easy haha… und naja, ist doch hammer, selbst 100 Bücher oder Kataloge herausbringen zu können.

Wenn wir jetzt nach meinem Besuch hier im Atelier noch ein Bier trinken könnten mit: Patti Smith, André Agassi, Raymond Pettibon oder A$AP Rocky – für wen würdest du dich entscheiden und warum? 

Ich glaube André Agassi, dann könnte ich meinem Opa ein Selfie schicken (ja, der hat ein Smartphone) und der würde sich unheimlich freuen. Glaube ich zumindest. Vielleicht auch nicht.

Was steht als nächstes an? Du erwähntest eine Ausstellung in der Shore Gallery in Wien, in der verschiedene Dennis Bucks aus der ganzen Welt eine Rolle spielen; kannst du darüber schon mehr sagen oder bleibt es erstmal geheim? 

Im Februar fliege ich mit Tristan Deschamps [Kurator] und ein paar anderen KünstlerInnen nach Bangkok, da Tristan dort als Teil der Bangkok Biennale eine Gruppenausstellung kuratiert. Im April ist dann die Ausstellung in Wien bei Shore Gallery. Und dann passieren noch ein paar Sachen, über die ich noch nicht reden kann oder reden will (lacht).

Klingt gut, ich bin sehr gespannt auf alles, was kommt. Danke für das Gespräch! 

Foto Credits:
Marc Hörger, Andreas Janetschko, Dennis Buck, Malte Bülskämper

Malte Buelskaemper