Christian August
(Please find English version below)
Ich treffe Christian August in seinem Studio in Berlin Friedrichshain. Er ist einer der Gründer des Künstlerkollektivs KLUB7 und bezeichnet sich selbst als Autodidakt und als Quereinsteiger in den Kunstmarkt. Er ist nicht nur Maler, sondern kuratiert auch selbst Ausstellungen und bringt so Künstler zusammen, die er spannend findet. Wir sprechen über alte Graffiti-Zeiten in den 90er Jahren, über Leben und Arbeiten im urbanen Raum und eine junge Künstlergeneration, die so gut vernetzt ist, wie keine zuvor.
Christian, erstmal vielen Dank, dass ich hier bei dir vorbeikommen darf. Ich finde so ein Atelierbesuch ist immer etwas sehr Persönliches und freue mich, dass du mir hier Einblicke in deine Arbeit gewährst.
Das mache ich gern und kann das auch gut nachvollziehen. Ich mache selbst oft Atelierbesuche und finde das sehr spannend. Es ist tatsächlich sehr persönlich und intim, was man dabei alles so mitbekommt. In der Ausstellung, im White Cube sozusagen, wird die Arbeit ja meist sehr idealisiert präsentiert und im Atelier siehst du eben wie die Leute wirklich arbeiten und guckst hinter die Kulissen, was sehr aufschlussreich sein kann. Gerade für mich, denn ich habe Kunst nicht an einer Uni studiert, sondern mir das alles eher selbst beigebracht. Für mich ist es daher auch sehr interessant, mich mit Akademikern auszutauschen, wenn man das so nennen möchte, die einen anderen Background mitbringen als ich ihn hab.
Du hast doch in Halle Saale an der Burg Giebichenstein studiert, oder?
Genau. Aber ich hab dort Design studiert und die Entwicklung zur Kunst kam bei mir erst später. 1994 habe ich mit Graffiti angefangen und 1998 habe ich begonnen, Design zu studieren. Aus dem Interesse heraus, zu malen und zu zeichnen hat sich das alles nach und nach bei mir entwickelt. Ich bin ja im Osten auf dem Dorf groß geworden. Nach der Wende in den wilden 90ern war alles sehr konfus und ich hatte niemanden, der mir da Hilfestellung geben konnte, was ich machen kann. Ich habe mich dann für ein Design-Studium an der Burg Giebichenstein entschieden und zunächst einmal viel Grafik Design und Fotografie gemacht.
Du sagtest, dass du in den 90ern Graffiti gemacht hast. Hast du damals auch schon auf Leinwand gemalt?
Ja, das habe ich damals auch schon probiert, wobei ich da eben noch sehr jung war. Als ich 16 Jahre alt war, haben mich die Graffiti-Sprüher aus New York interessiert, die auch auf Leinwand gemalt haben. Sowas habe ich dann versucht, zu übernehmen. Damals habe ich nicht unterschieden zwischen der Malerei und dem Graffiti, was draußen auf der Straße passiert. Da hab ich noch versucht, eins zu eins das Graffiti auf die Leinwand zu bringen. Das ist aus heutiger Sicht natürlich Quatsch, aber das waren eben die ersten Versuche.
Du hast jahrelange Erfahrung mit Graffiti und malst ja bis heute große Murals auf Häuserwände. Die Kontexte, die Oberflächen und Materialien sind sicher andere, aber kannst du dennoch Skills von der Wandmalerei und vom Graffiti übertragen auf die Malerei hier im Studio?
Zunächst einmal bildet es für mich eine Art Background, ein Hintergrundwissen, auf dem meine Malerei basiert. Sowohl technisch als auch thematisch gibt es da viele Parallelen: ich benutze z.B. Sprühdosen in meiner Malerei und ich mag es, wenn die Malerei einen urbanen Charme bekommt. Ich will ein Gefühl von Lebendigkeit vermitteln. Man soll spüren, dass es rough ist und lebt, anstatt ganz clean zu sein. Die Malerei ist aber weniger eindeutig als Graffiti, wo ganz klar kommuniziert wird: das ist mein Name oder meine Figur. In der Malerei versuche ich eher das in ein Gefühl umzuwandeln und von der Plakativität wegzugehen. Ich benutze Zitate, die ganz subtil sind, die auf der Leinwand miteinander reden können. Die Techniken vom Graffiti direkt zu übertragen auf die Malerei, ist mir auch zu platt. Ich verändere das lieber und finde es dann gerade gut, wenn man in meinen Bildern eben nicht erkennen kann, wie es technisch umgesetzt wurde. Ich mag es nicht, wenn sich die Technik zu sehr in den Vordergrund drängt.
Ist das urbane Leben und der Stadtraum auch inhaltlich ein Thema deiner Malerei?
Ja, das ist gerade mein Hauptthema. Ich mag es, Fragen zu bearbeiten, wie: Was ist Urbanität? Wie sieht eine gelebte Stadt aus? Wie fühlt sich eine offene und freie Stadt an? Ich stelle gerne das Lebendige dem Künstlichen gegenüber und arbeite mit diesem Kontrast.
Du bist ja hier in Berlin Friedrichshain auch mitten drin im Stadtleben. Glaubst du, wenn dein Studio irgendwo auf dem Land wäre, würde sich das auf deine Arbeiten auswirken? Ich habe kürzlich Fotos vom Studio des Malers Samuel Bassett in St. Ives gesehen. Das Studio liegt direkt am Strand, man kann das Meer beim Malen hören und sehen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sich das nicht auch auf die Arbeit auswirkt.
Das hab ich mich auch schon oft gefragt. Ich denke, das fließt ganz automatisch in meine Arbeit ein. Ich merke beispielsweise wie mein täglicher Weg von Kreuzberg, wo ich wohne, nach Friedrichshain ins Studio zweifellos Einfluss auf meine Arbeit hat. Ich halte ganz oft mit dem Fahrrad unterwegs an, fotografiere Kleinigkeiten, Zufälligkeiten, lustige Beobachtungen, die man in einer Stadt wie Berlin eben machen kann.
Berlin bietet ja auch wahnsinnig viel spannendes Zeug auf der Straße.
Ja, absolut. Und das hat mich immer fasziniert. Ich bin ja auf dem Dorf mit Natur groß geworden. Das war als Kind auch toll, aber ab einem gewissen Alter hat es mich da nur noch herausgezogen. Der Schritt, in die nächst größere Stadt nach Halle zu gehen, fühlte sich schon mal gut an. Und nach Berlin zu ziehen, hat mich immer interessiert, eben weil diese Stadt so aussieht und so ein einzigartiges Lebensgefühl vermittelt.
Wir haben vorhin über Graffiti gesprochen. Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen, wo es in den 90ern auch eine starke Graffiti-Bewegung gab. Da waren tolle Künstler aktiv und es war eine eigene Szene, die bestimmte Leute angezogen und dadurch auch eine eigene Qualität hatte. Später gab es dann einen gewissen Boom der Street Art und mittlerweile wurden Graffiti, Street Art und Urban Art zu einer untrennbaren Begriffssauce vermengt; zudem ist das Themenfeld durch den Erfolg von Künstlern wie Banksy und anderen zum totalen Mainstream geworden. Wenn ich heute den Begriff Street-Art höre, löst er bei mir eher Abneigung aus, obwohl ich mich eigentlich immer dafür interessiert habe. Ist das nicht sehr schade und nervt dich das nicht?
Kann ich gut verstehen. Eine Zeit lang hat mich das auch genervt. Für mich persönlich hatte Street Art 2005 den Höhepunkt erreicht. Damals war ich selbst auf der Straße aktiv und hab noch sehr figürlich gearbeitet. Wir haben damals auch mit KLUB7 viele Wände gemalt und uns in dem Bereich krass entwickelt. 2005 habe ich dann mit meiner Kollegin Daniela Krause auch mein Diplom zum Thema Street Art gemacht. Das Thema lag einfach in der Luft und es wurde aus unserer Sicht nicht genug und oft auch falsch darüber berichtet und geschrieben. Mit diesen Missverständnissen wollten wir in unserem Buch aufräumen. Wir wollten das Ganze aus unserer Sicht darstellen und zeigen, wie es die Künstler sehen. Das Buch ist dann 2006 im Archiv der Jugendkulturen unter dem Titel „Street Art – Die Stadt als Spielplatz“ erschienen. Viele Thesen und Ansichten von damals wirken allerdings heute überholt, gerade was die Kommerzialisierung der Street Art angeht. Das war damals ein sehr heikles Thema. Heute sehe ich das persönlich viel entspannter. Mit KLUB7 machen wir heute viele Auftragsarbeiten und keiner von uns hat damit noch ein Problem. Es kommt allerdings immer auf die Art und Weise des Jobs an und die Inhalte, die rüberkommen sollen. Insgesamt haben wir uns aber in den letzten zehn Jahren immer mehr von der Schublade Street Art gelöst.
Vielleicht hat es ja auch sein Gutes, wenn so ein Thema bzw. Kunstform eine breitere Zielgruppe anspricht. Die Ausstellung „The Haus“ hier in Berlin war ja zum Beispiel ein großer Erfolg, die Leute haben stundenlang dafür angestanden. Ich persönlich kann aber nicht umhin, diese Entwicklung auch kritisch zu sehen. Das zum Teil subversive und gesellschaftskritische Moment der Street Art geht dabei auch weitestgehend verloren, zumindest in meiner Wahrnehmung.
Ja, ich verstehe dich da gut. Ich war auch bei der Veranstaltung und fand die Qualität der meisten Arbeiten eher weniger gut. Hier stand ganz klar Quantität im Vordergrund. Interessant ist allerdings, dass mein Street-Art- und Graffiti-Hintergrund heute im eher konservativen Kunstkontext als spannend empfunden wird. In meiner letzten Ausstellung wurde ich von Besuchern und Sammlern zu meiner Vergangenheit in der Graffiti- und Street-Art-Szene befragt. So nervig wir beide diese Schublade Street Art heute empfinden mögen, so faszinierend kann es eben auch für andere Leute sein, die das vielleicht nicht so miterlebt haben.
Die Leute interessiert es, inwiefern sich das in meinen heutigen Arbeiten zeigt. Und letzten Endes ist das nun mal meine Entwicklung, die zu den Arbeiten geführt hat, die ich heute mache.
Du hast vorhin das Künstler-Kollektiv KLUB7 erwähnt. Was war damals eure Motivation, KLUB7 zu gründen?
Zunächst mal waren wir ganz klassisch eine Graffiti-Crew in Halle. Wir haben viel illegales Zeug gemalt. Das war damals so. Wir wollten als Jugendliche Fame und Anerkennung und es hat ja dazu auch wahnsinnig viel Spaß gemacht. Daraus ist eine echte Freundschaft entstanden und die Leute von damals sind heute immer noch dabei und das ist schon total toll. Irgendwann wollten wir dann legal arbeiten und uns öffentlich nach außen hin präsentieren können. Dafür ist letztlich der Name KLUB7 entstanden.
Macht ihr heute auch zusammen Ausstellungen? Und malt ihr auch zusammen?
Ja, wir stellen zusammen aus und malen zusammen. Wir stellen oft Gruppenarbeiten von uns aus, an denen wir gemeinsam gearbeitet haben. Da legt dann jemand los und die anderen reagieren darauf. Wir sprechen uns da vorher auch nicht großartig ab oder machen einen Masterplan, sondern das Bild entsteht durch die malerische Kommunikation untereinander. Das Malen in der Gruppe funktioniert natürlich völlig konträr zu dem Malen alleine, wo du alles entscheiden kannst und die Kontrolle über dein Bild hast. In der Künstlergruppe musst du das Egoistische ablegen, dich lockermachen und das auch zulassen können. Letztlich geht es uns genau darum: wichtiger als das Ergebnis ist das gemeinsame Malen, Denken, Quatschen, Kämpfen und Verwerfen – der Prozess ist dabei das Spannende und wird zu unserer Position.
Bei deinen Arbeiten fällt auf, dass du ein bestimmtes Blau immer wieder verwendest. So ein Kobaltblau oder Ultramarinblau. Mich hat das an Yves Klein und auch an Matisse erinnert. Was hat es mit diesem Blau auf sich?
Es ist in meinen Augen eine Farbe, die einen unendlichen Kosmos aufmacht und etwas wahnsinnig Magisches hat. Ich liebe sie!
Du bist auf Instagram sehr aktiv und erfolgreich. Gerade für viele junge Künstler ist es der wichtigste Kanal geworden, um sich zu vernetzen und die eigenen Arbeiten zu präsentieren. Wie siehst du diese Entwicklung?
Ja, das ist wirklich explodiert und mittlerweile eine Macht geworden. Damit habe ich anfangs auch nicht gerechnet. Mein Gefühl ist, dass es gerade auf einem Höhepunkt angekommen ist. Viele Künstler vernetzen sich zunächst über Instagram und lernen sich erst später in der Realität kennen. Das ist alltäglich geworden. Für die Ausstellung DIRTY VOYAGE, die ich 2018 kuratiert hab, habe ich die Künstler auch zum Teil über Instagram kontaktiert. Mittlerweile bekomme ich auch Anfragen aus aller Welt über Instagram, was natürlich spannend ist und ich erlebe den Austausch sowohl mit Interessenten als auch mit anderen Künstlern als sehr bereichernd. Das ist schon ein wichtiger Kanal geworden und mit dem eigenen Account entsteht für den Künstler ein echter Wert. Also, wenn mein Account plötzlich weg wäre, wär das schon eine kleine Katastrophe (lacht).
Malst du eigentlich immer an einem Bild bis es fertig ist oder arbeitest du an mehreren Bildern parallel?
Ich male gerne parallel. Wenn ich mich nur auf ein Bild konzentriere, hemmt mich das irgendwie. Meine Herangehensweise ist eher so: Ich beginne meist mit drei bis fünf Bildern und im Prozess sehe ich dann, wie und wann es bei den Bildern jeweils weitergehen kann. Gegen Ende, also bei der Finalisierung konzentriere ich mich dann auf eine einzelne Arbeit. Am Anfang lockere ich mich aber lieber auf und tauche erstmal ein und setze mich nicht so unter Druck.
Steht ein Bild auch mal ein paar Wochen hier herum, bis du daran weiter malst?
Das kommt auch mal vor, aber eher selten. Normalerweise versuche ich, das Gefühl für ein Bild in einem kurzen Zeitraum auf die Leinwand zu bringen und es innerhalb einer Woche dann auch fertig zu stellen. Sonst verliere ich das Gefühl für ein Bild und das ist nicht meine Intention.
Welche Materialien benutzt du dabei?
Ich male hauptsächlich mit Acrylfarben. Ich habe früher auch mit Öl gemalt, aber Ölfarben passen nicht zu meiner schnellen und spontanen Arbeitsweise. Ich will meine Emotionen schnell ausdrücken können und nicht ewig warten müssen. Ich arbeite viel mit Wasser und Trocknungsprozessen, das sollte innerhalb von Stunden alles funktionieren. Zudem nutze ich auch Sprühdosen, Airbrush und Latexfarben. Gerade male ich relativ flach, also mit wenig Farbauftrag. Und ich mag es, wenn man meine Bilder anfassen kann, ohne dass etwas verwischt. Ich benutze daher auch gerne Kreiden, die ich nicht mehr fixieren muss. Das ist auch bei dem Blau so. Da mische ich einen UV-Lack rein, der fixiert die Farbe und hält sie sowohl lichtbeständig als auch farbintensiv. So sucht man sich Im Laufe der Zeit seine Materialien, mit denen man am besten arbeiten kann. Das verändert sich aber auch immer subtil.
Und welche Werkzeuge benutzt du so? Hier liegen ja nicht nur Pinsel herum, sondern auch Harken, Besen und alles Mögliche andere.
Was die Werkzeuge und Pinsel angeht, arbeite ich kaum mit hochwertigen Materialien. Eher was Roughes, Billiges aus dem Baumarkt. Das Gröbere und Raue soll sich auf die Arbeit übertragen. Ich wasche auch oft mal etwas weg, schleife was ab oder ziehe die Bilder über den Boden. So entstehen roughere Oberflächen, die man auch aus dem Stadtbild kennt, wo wir zu Beginn drüber gesprochen haben. Ich arbeite nur selten mal mit teuren Feinhaarpinseln für einen feinen Farbverlauf oder so. Ich benutze lieber alte Besen, Bürsten, eine Laubharke und sowas. Ich arbeite auch gerne mit viel Körpereinsatz, wenn das Bild auf dem Boden liegt und ich mit dem Besen darauf male beispielsweise. Im Prinzip wie bei Wandbildern, wo ich auch meinen Körper einsetze. Deswegen komme ich wahrscheinlich auch besser mit großen Formaten klar als mit kleinen Leinwänden. Die Leinwand als Medium hinterfrage ich übrigens nicht. Im Gegenteil, ich finde es beruhigend, die Leinwand ganz selbstverständlich zu benutzen, genau wie die Farbe. Ich will mich lieber mit anderen, inhaltlichen Dingen beschäftigen und die Leinwand soll nur der Träger sein. Ich find’s auch gut, dass viele junge Maler heute die Leinwand wieder ganz selbstverständlich benutzen und diese Debatte gar nicht aufmachen müssen.
Ja, das ist interessant, auch wenn es da natürlich wieder Gegenbeispiele gibt. Ich finde es auch erstaunlich, dass auf eine so komplexe, schnelllebige und digitalisierte Welt, wie wir sie heute haben, so viele junge Künstler mit Malerei antworten, wo Malerei ja analog und eben sehr klassisch ist. Man könnte meinen, die Studenten machen jetzt alle irgendwelche interaktiven Arbeiten mit VR, Künstlicher Intelligenz, Augmented Reality oder was auch immer.
Das gibt es ja auch alles. Aber ich finde die Entwicklung wieder hin zur Malerei auch super spannend. Und ich erlebe diesen Gegensatz auch in meiner eigenen Arbeit, also den Kontrast zwischen der Komplexität auf der einen Seite und der Vereinfachung und Reduktion auf der anderen Seite. Ich stelle gerne in meiner Arbeit komplexe Zusammenhänge mit einfachen Mitteln dar. Es ist ja ohnehin eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, irgendwie mit der Komplexität der Welt klar zu kommen.
Welche Ausstellung hast du zuletzt besucht, die dich nachhaltig beeindruckt hat?
Mmh, gute Frage. Ah, das ist eher zufällig entstanden. Nachdem ich zuletzt selbst viele Ausstellungen hatte, wollte ich mal den Kopf frei bekommen und hab eine Radtour im Berliner Umland gemacht. Als ich an der Glienicker Brücke in Potsdam war, rief mich Anne, meine Galeristin, an. Als ich ihr erzählte, wo ich unterwegs bin, sagte sie sofort: wenn du eh dort bist, schau dir mal die Ausstellung von Alicja Kwade und Jorinde Voigt in der Villa Schöningen an. Da ich beide Künstlerinnen sehr gut finde, bin ich da sofort rein in meinem Rennrad-Outfit. Und das hat sich total gelohnt, denn es war eine großartige Ausstellung, die mich auch nachhaltig beschäftigt.
Ja, manchmal sieht man die besten Ausstellungen durch einen Zufall. Ich bin mal in New York zum Whitney Museum gegangen, spontan und ohne zu wissen, was dort gerade gezeigt wird. Zu dem Zeitpunkt war dort eine große Solo-Show von Wade Guyton, den ich damals noch gar nicht kannte. Ich war aus purem Zufall dort und die Ausstellung war unfassbar gut und hat mich sehr beeindruckt. Heute bin ich großer Guyton Fan.
Das ist natürlich toll, wenn man so einen Zufallstreffer landet. Ich find’s auch schön, mal eine Ausstellung zu besuchen, wo ich noch keine Bilder und Erwartungen im Kopf hab oder schon Fotos aus dem Netz kenne.
Du stellst aktuell auf der Monumenta in Leipzig aus. Wie kam es dazu und was ist das Konzept der Ausstellung?
Die Einladung dazu kam über Anne und Johanna von Office Impart, über die ich auch kürzlich zu meiner Ausstellung RECOVERY in der SMAC Galerie in Mitte kam. Vom Ansatz her passte ich da gut rein, da sowohl abstrakte Maler als auch Street Artists vertreten waren.
Und was kommt als nächstes?
Als nächstes werde ich an der Ausstellung THE ART HOUSE Vol.1 in Hamburg teilnehmen. In einer Villa wird eine Sammlung gezeigt und diesen Arbeiten werden junge Künstler gegenübergestellt. Die Eröffnung ist nächste Woche. Das Schöne daran ist: da die jungen Künstler zusammen mit der Sammlung gezeigt werden, ist das Line-Up, wenn man das so nennen darf, wohl das Größte, was ich je erreichen werde (lacht). Ich stehe in einer Reihe mit Andy Warhol, Jonathan Meese, Anselm Reyle, Tobias Rehberger und anderen großen Namen. Aber im Ernst: das wird eine sehr interessante Gruppenausstellung, weil auch tolle junge Künstler dabei sind. Danke Office Impart.
Klasse, da befindest du dich ja in bester Gesellschaft. In die Richtung kann’s weitergehen würde ich sagen. Vielen Dank für das gute Gespräch!
Gerne und danke für das Gespräch und deinen Besuch hier.
I meet Christian August in his studio in Berlin Friedrichshain. He is one of the founders of the artist collective KLUB7 and refers to himself as autodidact and career changer within the art market. He is not only a painter, but also curates exhibitions himself and thereby brings together artists, who he considers fascinating. We talk about graffiti times in the 90s, about living and working in urban spaces and a young generation of artists, who is connected with each other better than ever before.
Christian, first of all thanks a lot that I am allowed to drop by. I think a studio visit is always something very personal and I am happy that you allow me to get some insight into your work.
I’m happy to do that and understand you very well. I often do studio visits and find it very exciting. It’s in fact a very personal matter as well as very intimate, all that one becomes aware of during such a visit. When looking at an exhibition, within the “White Cube” sort of, works are presented in a very idealised way. Inside the studio you can see how people really work and get a look behind the scenes. That can be very revealing. Especially for me, since I didn’t study at university, but rather taught it all to myself. Hence, for me it is very interesting to exchange views with academics - if you want to call it that way - who have a different background.
You studied in Halle Saale at “Burg Giebichenstein”, didn’t you?
Exactly. But I studied design there and the development to art came later on. In 1994 I started with graffiti and in 1998 I started to study design. Out of the interest in painting and drawing it all developed bit by bit. I grew up in the East of Germany in a village. After the reunification, in the wild 90s, everything was very confusing, and I had nobody to give me a hand in deciding what I could do. Then I decided for design studies at Burg Giebichenstein and worked at first a lot on graphic design and photography.
You said, that you did graffiti in the 90s. Did you already paint on canvas at that time?
Yes, I already tried that at that time, but I was in fact very young at that point. When I was 16 years old, I was interested in graffiti sprayers from New York, who drew on canvas. I tried to adopt these kinds of things. By that time, I didn’t distinguish between painting and graffiti that happened out there on the streets. At that point I still tried to bring graffiti on canvas one-to-one. From today’s point of view, this is nonsense, but these were just the first attempts.
You gained experience in graffiti for years and until today, you paint murals on buildings. Of course, context, surfaces and materials are different ones. Nonetheless, are you able to convey skills from wall painting and graffiti to the painting within your studio here?
First of all, that all gives me a kind of background, which is the base for my paintings. Technically as well as thematically there are many parallels: I use for example spray cans in my painting and I like to give my painting an urban charm. I would like to convey feeling of liveliness. One should feel that it is rough and alive instead of totally clean. Even tough painting is clearly less straight out than graffiti, whereby there is a clear-cut communication about a name or a figure. When painting, I rather try to convert this feeling and move away from that kind of boldness or directness. I use quote, which are very subtle and speak to each other on the canvas. To convert the techniques of graffiti into painting directly would be too simple in a way. I rather change that and like it, if the paintings don’t show straight away how it has been transposed technically. I don’t like it if the technique gets too much importance.
Are urbane life and the urban space in matters of content a topic of your painting?
Yes, in fact this is my main topic at the moment. I like to answer questions like: What is urbanity? What does a “lived” city look like? How does an open and free city feel? I like to confront the alive with the artistic matter and work with the contrast.
You are right in the middle of city life here in Berlin Friedrichshain. Do you believe it would make a difference to your work if your studio would be situated somewhere in the countryside? Not long ago, I saw photographs of the studio of the painter Samuel Bassett in St. Ives. The studio is situated right next to the beach, one can hear the sea when painting. I simply can’t imagine that this would not make a difference to one’s work.
I often asked myself this question, too. I believe the surrounding kind of automatically has an input into my work. For example, I realise how my daily trip from Berlin Kreuzberg, where I live, to Friedrichshain into the studio, without any doubt has an influence on my work. I often stop riding my bike on my way in order to take pictures of bits and bobs, accidental happenings, funny observations, which you can just have in a city like Berlin.
Berlin offers incredibly exciting stuff on the streets.
Yes, absolutely. That is something that always intrigued me. I grew up in a village with nature. That was great when I was a child, but from a certain age onwards, I only wanted to leave. The next big step, to move to the next big city Halle, already gave me a good feeling. To move to Berlin was always something that occurred very tempting to me, especially because the city looks the way it does and presents such a unique attitude to life.
Before, we talked about graffiti. I grew up in the Ruhr area, where a strong graffiti movement existed in the 90s. Great artists were active, it was a scene of its own, which attracted certain people and through that had its own quality. Later, there was a kind of boom of street art. By then, graffiti, street art and urban art were blended into an undistinguishable “concept soup”. Also, the whole topic area has become total mainstream due to artists like Banksy and others. Nowadays, whenever I hear the term street art, it rather causes antipathy even though I have always been interested in it. Don’t you think this is a pity and isn’t that getting on your nerves?
I totally understand. It did get on my nerves for some time. In my point of view, street art reaches its climax in 2005. At that point, I myself was active on the streets and worked very figurative. By that time, we painted many walls with KLUB7 and developed in that area incredibly. In 2005, I finished my diploma about the topic street art together with my colleague Daniela Krause. The topic was kind of in the air and from our point of view there wasn’t enough talking about it and often false reporting or writing. Our intention was to clear up these misunderstandings. We wanted to present the whole thing from our point of view and show how the artists see it. The book was published with the title “Street Art – Die Stadt als Spielplatz” [street art – the city as a playground] at the “Archiv der Jugendkulturen” [archive of youth culture] in 2006. Many topics and views of that time seem obsolete nowadays, especially when looking at commercialisation of street art. That was a very delicate topic at that time. Nowadays, I am personally much more relaxed about that. Our KLUB7 now creates a lot of contract works and no one of us has a problem about it. Even though it always depends on the modality of the job as well as the contents that are intended to be conveyed. All in all, we have more and more detached ourselves from the stereotyped thinking about street art.
Maybe there is something good about it, if such a topic or kind of art appeals to a wider target group. For example, the exhibition “The Haus” here in Berlin was a great success. People queued up for it for hours. Personally, I cannot avoid seeing this development critically. From my perspective, the partly subversive and society critical momentum of street art gets lost to a great extent.
Yes, I totally understand that. I visited an event and didn’t like the quality of most works too much. It was obvious that quantity had priority there. Even though it is interesting that my street art and graffiti backgrounds are considered exciting within a rather conservative art context. At my latest exhibition I was questioned about my past within the street art and graffiti scene by visitors as well as collectors. We may consider the stereotyped thinking about street art kind of annoying, but it can be very fascinating for other people, who did not witness it in the same way we did. People are interested in to what extent that shows in my work nowadays. In the end, that is my development, which led to the works I create today.
You mentioned earlier your art collective KLUB7. What was your motivation to found KLUB7?
We started off as a classical graffiti crew in Halle. We painted lots of illegal stuff. It simply was like this at that time. We wanted fame and recognition when we were youngsters. Besides that, it was incredibly a lot of fun. Through this, a real friendship developed, and the people of that time are still with us in the community. That is really great. At some point we wanted to work legally in order to make it possible for us to present ourselves publicly. That’s why the name KLUB7 was created.
Are you doing exhibitions together nowadays? Are you painting together, too?
Yes, we exhibit together and paint together. We often show group works, which we worked on together. Somebody starts off and the others react to it. We don’t plan this ahead much or make a masterplan. Rather does the painting develop through the painting communication between us. Painting within a group works totally contrary to the painting on your own, whereby you decide everything and have the control over it. Within an artist community you must put your egoism aside, relax and let it happen. In the end, it is all about that: much more important than the outcome is the collective painting, thinking, chatting, fighting and discarding – the exciting thing about it is the process, which therefor takes its own position.
In your work it catches one’s eye that you are using one certain kind of blue again and again. A kind of ultramarine blue. That reminded me of Yves Klein as well as Matisse. What is it about?
In my point of view, it is a colour, which opens up an unlimited cosmos and carries something incredibly magical. I love it!
You are very active and successful on Instagram. Especially for artists, it has become one of the most important channels for networking and presenting your own work. What do you think about this development?
Yes, that really developed rapidly and has become a real force. I didn’t expect that in the beginning. I have the feeling that it has now reached its climax. Many artists first connect via Instagram and get to know each other personally only afterwards. That has become daily life. For the exhibition DIRTY VOYAGE, which I curated in 2018, I contacted many artists via Instagram. By now, I receive inquiries via Instagram from all over the world. Of course, this is exciting, and I experience the exchange with interested persons as well as other artist very enriching. It has become an important channel and the own account has a real value for an artist. If my account would suddenly disappear, that would be a little catastrophe (laughs).
Are you painting one painting at a time or are you working on several paintings simultaneously?
I like to paint parallelly. If I only concentrate on one painting, it blocks me in a way. My way of doing it is rather this: I start with three to five paintings and within the process I start to see how and when any one image can be carried on with. By the end, when finalising the painting, I concentrate on the individual work. But at the beginning I prefer to unclench and submerge rather piling on the pressure.
Does a painting at times stand here for a couple of weeks before you keep on painting?
That happens at times, but rather rarely. In general, I try to get the feeling for a painting on canvas within a short period of time and try to finalize it within a week afterwards. Otherwise, I lose the feeling for the painting and this is not my intention.
What materials do you work with?
Mainly I work with acrylic colours. I used to paint with oil, but oil colours do not match with my fast and spontaneous way of working. I want to be able to express my emotions quickly and not have to wait for ever. I work a lot with water and drying processes; it should all work within hours. Also, I use spray cans, airbrush, and latex colours. At the moment, I paint rather shallow, so I use little colour application. Furthermore, I like it if my paintings can be touched without smudging something. Hence, I like to use chalk, which doesn’t need to be fixed. That also applies to the blue. I mix a UV varnish into it, which fixes the colour and keeps it light resistant as well as vividly coloured.
And what kind of tools do you use? I see not only paintbrushes lying around, but also rakes, brooms and all kind of other things.
Regarding tools and paint brushes, I rarely work with high-quality materials. Rather something rough, cheap from the DIY store. The roughness and rawness are intended to translate into the work. I often wash something off, sand something down or drag the painting along the floor. This is how rough surfaces develop as we know it from the cityscape like we had talked about before. I only work with expensive fine paint brushes for a clean colour gradient or something similar. I prefer to use old brooms, brushes, a leaf rake or something like that. I also like to work with lots of physical body input, for example if the painting is lying on the floor and I paint on it with a broom. Essentially, that goes for wall paintings, too, where I also use my body. That is probably the reason why I come to terms with big formats better than with small canvas. By the way, I do not question the canvas as a medium as such. On the contrary, I think it is appeasing to naturally use the canvas just like the colours. I prefer to occupy myself with other, content-related matters and the canvas is simply the carrier. I also like to hear that many young painters naturally use the canvas and don’t even start to question the use of it.
Yes, that is interesting, even though there are of course counterexamples. I am also surprised, that in such a complex, fast moving and digitalised world as we know it today, many young artists answer to that with painting. Even though painting is analogue and something very classical. One could have expected students would create some kind of works with VR, artificial intelligence, augmented reality or whatever.
That all does exist as well. Nonetheless, I also find the development back to painting very fascinating. This also gives input to my own work, meaning the contrast between complexity on the one hand and simplification and reduction on the other hand side. I like to present complex interrelations with simple means in my work. Anyhow, it is one of the greatest challenges of our time to come to terms with the complexity of the world.
What was the last exhibition you visited that had a great impact on you?
Mmh, good question. Ah, that happened rather by accident. After having had several exhibitions myself, I wanted to clear my mind and made a bicycle tour in the Berlin surroundings. When I was at Glienicker Brücke (Glienicker bridge) in Potsdam, my gallery owner Anne called. When I told her where I was, she immediately said: Once you are there, have a look at the exhibition of Alicja Kwade and Jorinde Voigt in Villa Schöningen. Since I like both artists very much, I went there immediately wearing my full bike outfit. It was totally worth it, because it was an amazing exhibition, which I still have to think about.
Yes, sometimes the best exhibitions come your way by accident. When I was in New York, I once went to Whitney Museum spontaneously without knowing what would be exhibited there. At that time there was a big solo show of Wade Guyton, who I did not even know at that point in time. I only got there by accident and the exhibition was unbelievably good and had a great impression on me. Nowadays I am a big fan of Guyton.
That is great of course, if one comes along such a lucky coincidence. Once in a while I also like to visit exhibitions of which I don’t have any expectation or images in my head or might even know photographs from the net already.
You are currently part of a group show at the Monumenta in Leipzig. How did that come about and what is the concept of this exhibition?
The invitation came via Anne and Johanna of OFFICE IMPART, who also made the contacts for my exhibition RECOVERY in gallery SMAC in Berlin Mitte. My approach fits into the picture of the Monumenta very well since abstract painters as well as street artists are taking part.
And what’s coming up next?
Next, I will take part in the exhibition THE ART HOUSE Vol.1 in Hamburg. A collection will be shown in a villa and these works will be opposed to young artists. The opening will be next week. The nice thing about it: Since the artists will be shown together with the collection, the line-up – if you want to call it that way – will be the greatest I will ever reach (laughing). I will be there in a line with Andy Warhol, Jonathan Meese, Anselm Reyle, Tobias Rehberger, and other big names. But seriously, it’s going to be a really interesting group exhibition, because amazing young artists will take part. Thank you OFFICE IMPART.
Great, you are going to be in good company. I hope it keeps on going for you in such a positive way. Thanks a lot for this conversation!
It was my pleasure! Thanks for the chat and your visit.