Timur Lukas

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ICH MALE NICHT EWIG AN EINEM BILD, ABER BIS ICH EIN BILD MALE, DAUERT ES EWIG.
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Ich treffe den Maler Timur Lukas im Rahmen der Berlin Art Week. Bei der Meisterschüler-Ausstellung der Klasse Gregor Hildebrandt zeigt er zwei seiner aktuellen Arbeiten in der Wurlitzer Collection in Berlin Mitte. Zunächst reden wir bei selbstgebranntem Schnaps auf der Ausstellungseröffnung, am nächsten Tag dann beim Katerfrühstück am Landwehrkanal. Es geht unter anderem um das Comeback der Malerei, darum, wie produktiv unproduktive Zeit sein kann und um ein gewisses Kitzeln im Hinterkopf.

Danke Timur, dass es so spontan geklappt hat mit unserem Treffen. Lass uns mal vorne anfangen: Du hast zunächst nicht Kunst, sondern Kommunikationsdesign studiert, oder?

Genau, ich hab 2006 an der Hochschule in Augsburg begonnen, Kommunikationsdesign zu studieren. Nach sieben Semestern habe ich dort meinen Bachelor gemacht, aber mir war das Studium zu schulisch und ich wusste damals schon, dass ich in dem Beruf nicht arbeiten will. Als ich 2008 als Erasmus-Student in Bologna an der Kunstakademie war, habe ich gemerkt, dass Kunst vielmehr mein Ding ist. Nach meinem Abschluss bin ich dann nach Berlin, weil ich eigentlich an die UdK oder nach Weißensee wollte. Damals wollte ich noch figurativ Malen und hatte daher auch über Leipzig nachgedacht. Das hat aber alles nicht geklappt, bis ich mich schließlich In München bei Anke Doberauer vorgestellt habe. Wir hatten ein gutes Gespräch und sie hat mir empfohlen, mich auch bei Günther Förg vorzustellen. Das war allerdings 2011 als er leider schon sehr krank war und kurz darauf auch gestorben ist. Als ich die Klasse dann gewechselt habe, bin ich bei Matthias Dornfeld gelandet, der damals die Förg-Klasse übernommen hatte. Das war das Beste, was mir passieren konnte. Mit Matthias verstehe ich mich bis heute sehr gut und es hat mir sowohl menschlich als auch bezogen auf die Malerei viel gebracht und mir sehr geholfen, mich weiterzuentwickeln. Trotzdem ist es schade, dass ich nicht mehr von Günther Förg mitbekommen habe und von ihm lernen konnte.

Und wann hat Gregor Hildebrandt dann die Klasse übernommen und wie war das für dich?

Das war 2015. Gregor ist ein Professor, der den Studenten wirklich viel bietet. Während manche Kunst-Profs nur einmal im Semester vor Ort sind und dann wieder abhauen, ist Gregor wirklich regelmäßig da und nimmt das sehr ernst. Er organisiert auch viele Fahrten für die Studenten, wir haben einige Atelier- und Galeriebesuche mit ihm zusammen gemacht. Zum Beispiel waren wir in Paris mit ihm bei Perrotin oder wir haben einen Studio Visit bei Bernhard Frize gemacht, den ich total gut finde. Das ist dann schon cool, plötzlich in seinem Atelier zu stehen und mit ihm quatschen zu können. Gregor hat eben den Zugang und es wäre ja auch schade, wenn man das gar nicht nutzen würde. Man nimmt da schon einiges mit, dafür bin ich ihm natürlich auch dankbar.

Du hast im Februar dein Diplom gemacht und bist nun durch mit der Akademie-Zeit. Was sind die wichtigsten Dinge, die du für dich rausgezogen hast aus dieser Zeit?

Also, ich male auf jeden Fall ganz anders heute als am Anfang. Ob das allerdings nur durch die Akademie gekommen ist, kann ich jetzt auch nicht sagen. Aber sicher ein gewisses Grundverständnis für die Kunst und auch ein Verständnis vom Künstler-Dasein, das ganz bestimmt. Letztens hab ich in der Monopol ein Interview mit Michael Riedel gelesen, der das sehr gut beschrieben hat. Er sagte: „Ich sehe die Studenten schon als Künstler an, weil es eine Entscheidung ist, Kunst zu studieren. Man ist schon Künstler und das eigentliche Studium besteht darin, damit klar zu kommen, Künstler zu sein.“ Das trifft’s doch ziemlich gut, finde ich.

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Ja, ich glaube ohnehin, dass die Entscheidung, Künstler zu sein und sich als solcher zu positionieren, genauso wichtig ist, wie die Inhalte. Aber mal was anderes: Zum Künstlerdasein gehört ja auch, die richtige Galerie für sich zu finden – von wem wirst du aktuell vertreten?

Zur Zeit werde ich noch von keiner Galerie fest vertreten. Meine erste professionelle Galerie-Ausstellung war bei Britta von Rettberg in München. Sie kam damals zu meiner Diplom-Ausstellung und plante zu der Zeit gerade eine Gruppenausstellung, an der ich teilnehmen konnte. Zusammen mit Martin Wöhrl und Gülbin Ünlü. Das war eine gute Kombination, ein etablierter Künstler und zwei Newcomer sozusagen. Für mich war die Ausstellung bei Britta nach dem Diplom ein toller Einstieg. Prinzipiell bin ich für eine junge Galerie. Ich find’s gut, wenn man als junger Künstler gemeinsam mit einer jungen Galerie wächst und sich langfristig etwas aufbaut.

In der jüngeren Vergangenheit konnte man einen gewissen Hype der Malerei beobachten: auf Messen, in Galerien, bei Auktionen. Und auch unter jungen Künstlern erfreut sich Malerei aktuell größter Beliebtheit. Woran liegt das und warum ist Malerei nicht totzukriegen?

Mmh, schwer zu sagen. Ich hab das Gefühl, es gehen einfach immer wieder neue Türen auf. So jemand wie David Ostrowski beispielsweise hat neue Türen aufgestoßen mit seinem radikalen Minimalismus. Natürlich gab es auch schon in den 60er Jahren Positionen, die minimalistisch waren, aber dann eben doch anders.

Ich denke jeder Kontext fordert die Malerei dann auch neu heraus. Was ein Frank Stella in den 60ern gemacht hat, z.B. mit seinen „Black Paintings“, oder später dann der Minimalismus von Sergej Jensen oder von David Ostrowski, das steht auch immer wieder in einem neuen Kontext: gesellschaftlich, kunsthistorisch, medial… und ja, es gehen immer wieder neue Türen auf und dann geht da auch wieder was Neues.

Absolut. Alleine, wer alles aus der Albert Oehlen Klasse in Düsseldorf gekommen ist, super spannend. Jana Schröder zum Beispiel, ist doch geiles Zeug, was sie macht. Das kannte ich so vorher nicht, das ist für mich ein neues Sehen. Oder Peppi Bottrop. Genau das macht Malerei immer wieder spannend, wenn man die Dinge so noch nicht gesehen hat. Das ist auch mein Antrieb: Dinge zu schaffen, die man so noch nicht gesehen hat.

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Eine ungesehene, eigene Sprache in der Malerei zu finden, ist und bleibt die härteste Nuss, oder? Du hast ja eher figurativ gemalt zu Beginn und bist mit der Zeit davon weggekommen. Wie verläuft bei dir diese Suche?

Ich glaube es ist ähnlich wie bei Musik oder Essen, man bildet mit der Zeit einen Geschmack aus. Je mehr man sich anschaut, desto mehr stellt man für sich fest, was man gut findet und was nicht. Was man versteht oder eben auch nicht versteht. Und wenn man was Neues probiert, kann das auch immer eine Sackgasse sein.

Vielleicht ist einfach auch alles schon dagewesen und alles schon gedacht worden und dennoch kann es immer wieder neu interpretiert, aufgeladen oder gebrochen werden.

Da fällt mir das Zitat ein: „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ Und man sagt es ja dann doch nicht mehr gleich. Was war denn das letzte wirklich Große in der Malerei? Vielleicht ist auch bis zur Avantgarde oder bis zu den 60ern schon fast alles gesagt worden und seitdem bedient man sich aus dem, was es schon gab. Heute leben wir in einem Pluralismus, wo alles parallel existieren und erfolgreich sein kann.

Ja, früher erschien alles wesentlich linearer und überschaubarer. Jede Dekade hatte kunsthistorisch eindeutige Schwerpunkte. Heute scheint alles parallel zu existieren, anything goes, alles erscheint viel stärker zersplittert wie ja in anderen Lebens- und Gesellschaftsbereichen auch.

Ja, es ist alles auf einmal möglich. Es gibt da keine klare Linie mehr. Und es ist auch alles so global erfahrbar in kurzer Zeit. Über instagram kann ich mir in einer halben Stunde Ausstellungen in L.A., New York und Paris ansehen. Natürlich ist es nicht die gleiche Erfahrung, wie ein richtiger Ausstellungsbesuch, aber es gibt dir eben einen Überblick, was gerade alles auf der Welt parallel passiert. Und das war sicher vor Internet 2.0 und Social Media nicht in der Form möglich. Das hat sich diesbezüglich schon krass verändert.

Du hast instagram angesprochen, wo du ja auch aktiv bist. Heute ist fast jeder junge Künstler dort vertreten, nicht zuletzt, weil es ein gutes Tool ist, um gesehen zu werden. Geht’s dir dabei eher darum, dir einen Überblick zu verschaffen oder darum, sich selbst und seine Arbeiten zu präsentieren?

Ich glaube, ich mache dafür noch zu wenig auf meinem Account. Klar, gibt es immer wieder mal Anfragen und auch gute Kontakte kommen zustande, aber um es so richtig als Business-Tool zu nutzen, dafür tue ich da zu wenig. Um mir einen Überblick zu verschaffen, ja, dafür nutze ich es auf jeden Fall. Ich glaube auch tatsächlich, dass es wichtiger wird. Das sieht man auch daran, dass immer mehr Künstler es nutzen, auch etablierte Leute: André Butzer, Gregor Hildebrandt oder Alicja Kwade – die sind jetzt alle auf instagram.

Aber was macht das mit einem und was macht es mit der Kunst? Du sagtest vorhin ja auch, man kann sich viele Ausstellungen in kurzer Zeit ansehen, man sieht was parallel alles passiert. Kann einen das nicht auch verunsichern, wenn man ständig sieht, was alle anderen so machen?

Ja, es ist schon so, dass man sieht: wer hat jetzt Erfolg mit was. Natürlich nimmst du das wahr, wenn jemand plötzlich bei einer bekannten Galerie ausstellt und solche Dinge. Und dann denkst du dir, okay, dies oder das scheint gerade aktuell und gefragt zu sein. Und dann poppt sowas plötzlich immer wieder auf. Da frag ich mich dann auch, ob das nicht vielleicht immer mehr zu einem Einheitsbrei führt.

Was mir bei deinen Arbeiten gut gefällt, ist, dass sie eine große Lässigkeit ausstrahlen. Sie wirken sehr unangestrengt, locker und nicht gewollt. Verstehst du, was ich meine und siehst du das selbst auch so?

Ich sehe das genauso und ich freue mich sehr, dass du das feststellst. Das ist auch etwas, was der Matthias Dornfeld bei meiner Arbeit immer als positiv angesehen hat, dass es sehr locker gemalt ist, sehr ungezwungen.

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Gibt es da Rituale, Techniken, irgendwelche Dinge, die dir dabei helfen?

Wenn ich male, habe ich diese Lockerheit. Das ist genau der Punkt, in diesen Zustand zu kommen. Also, ich male nicht ewig an einem Bild, aber bis ich ein Bild male, dauert es ewig. Ich gehe ins Atelier, hocke da rum und versuche, den Kopf frei zu kriegen. Ich höre Musik, lese was, rede mit meinem Ateliernachbarn bis ich das Gefühl habe, ok, jetzt kann ich was malen. Dann male ich was, das geht dann auch recht schnell tatsächlich, aber der Schritt dahin dauert eben lange. Wenn man dann etwas gemalt hat, schaut man es sich ewig an und denkt: wenn ich jetzt weitermache, dann wird’s kacke. Dann stell ich es auch meistens erst einmal weg. Ein Vorbild in dieser Beziehung ist für mich Jonathan Meese, weil er so eine „Scheiß-drauf-Haltung“ entwickelt hat, das schätze ich schon sehr. Wie er vorgeht, im Atelier 20 Leinwände aufstellen, hier und da mal was machen, und dem Chaos eine Ordnung geben. Ich bewundere das, ich kann aber nicht so drauf scheißen, weil der Materialwert einfach zu groß ist. Ich denke mir dann, wenn du diese Leinwand verkackst, ist das echt ärgerlich. Diese ökonomische Überlegung ist einfach ein Hindernis im Kopf. Ich kaufe mir daher Papierrollen von 1x10 Meter und arbeite darauf, um den Kopf frei zu bekommen.

Einfach nur, um dich locker zu machen und die Angst abzulegen, teures Material zu verkacken?

Ja, genau. Denn was ich auf der Leinwand verhaue, ist für mich irreversibel. Ich finde, man sieht es einem Bild an, ob da was weggemacht und drübergemalt wurde. Ich möchte da schon „First Try“ haben und in der Regel sind meine Bilder das auch alle.

Früh aufhören können ist ja auch nicht leicht. Wann ist ein Bild fertig? Wann ist der richtige Moment?

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Ich denke oft: noch ein Schritt und es wird scheiße. Und ich weiß das genau, denn ich habe oft den nächsten Schritt gemacht und hatte es dann eben verkackt.

Und was machst du dann, wenn du merkst, dass du eine Leinwand irreversibel verkackt hast?

Ich spann die um, da bin ich ganz Schwabe. Ich grundiere nochmal und male die Rückseite an. Die meisten meiner Bilder sind beidseitig bemalt. Also, wenn du ein Bild von mir kaufst, hast du in der Regel gleich zwei.

Es gibt also diesen Moment, wo du genau merkst: Fuck, jetzt bin ich zu weit gegangen?

Ja, definitiv. Und dann gibt es kein Zurück mehr. Dann versuchst du, es noch zu retten, aber es wird nix mehr. Das ist wie eine Sauce Hollandaise, die beginnt zu gerinnen und du versuchst sie zu retten, aber dann kannst du sie eigentlich auch gleich wegschmeißen. Leider kommen diese Hemmschwellen beim Malen immer wieder. Und manchmal habe ich sogar das Gefühl, es verlernt zu haben. Auf einmal geht es nicht mehr und ich kann dir nicht sagen, warum. Mein ehemaliger Atelierpartner Laurentius Sauer hatte ein ähnliches Gefühl. Um das zu überwinden, arbeitet er viel mit Hindernissen, auch um die Kontrolle abzugeben und Hemmungen abzubauen, also beispielsweise Kreide an einen Stock binden und damit malen und ähnliches. 

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Arbeitest du auch mit Hindernissen, um dich selbst zu überlisten?

Eigentlich nicht. Ich nutze aber manchmal Spiegel, um ein Bild wieder ungesehen sehen zu können.

Also, mal etwas platt gesagt: Um ein lässiges Bild zu malen, musst du auch in einer lässigen Stimmung sein?

Ja schon. Das klingt doch nach einer guten Formel. Letztlich verbringe ich den größten Teil meiner Zeit im Atelier damit, mich in die richtige Verfassung zu bringen. Manchmal habe ich sogar ein schlechtes Gewissen, weil ich eigentlich nur stundenlang rumgesessen bin im Atelier, was für ein Luxus.

Verstehe ich. Aber eigentlich ist es ja keine unproduktive Zeit, ganz im Gegenteil.

Eigentlich nicht. Aber stell dir mal vor, meine Mutter würde mich so da sitzen sehen den ganzen Tag. Die würde sich auch denken, das kann ja wohl nicht wahr sein (lacht).

Was denkt deine Mutter über deine Bilder?

Die feiert meine Bilder. Aber sicher in erster Linie aus Mutterliebe. Sie kommt gar nicht aus dem Kunst-Umfeld. Ich habe familiär null Background in die Richtung. Ich habe Migrationshintergrund, mein Vater ist Türke und der hat noch weniger mit Kunst zu tun. Er war einmal auf einer Ausstellung von mir in Konstanz, wo er auch lebt. Das war schon ein schräges Bild, ihn auf einer Ausstellung zu sehen. Ich glaube, er war da etwas überfordert. Er wollte immer wissen, worum es in den Bildern geht, aber in einem direkten bildlichen Sinn. Es war für ihn schwer, dass meine abstrakten Bilder sich nicht so direkt visuell erklären lassen, zumindest nicht im figurativen Sinne.

Ich denke das ist bei vielen Menschen ein ganz normales Verhalten, wenn sie ein Bild sehen. Sie suchen nach Anhaltspunkten, die ihnen eine Bedeutung liefern oder das Bild erklärbar machen.

Absolut. Und genau das meinte ich eingangs mit dem „Geschmack bilden“. Wenn man sich wie wir sehr viel Kunst ansieht und sich damit befasst, bildet sich auch ein anderes visuelles Verständnis heraus. Das lässt uns auch eine professionelle Arbeit von einer Amateurarbeit eher unterscheiden, denke ich.

Ist natürlich auch schwer, diese Dinge zu objektivieren. Wie subjektiv ist die Einschätzung eines Bildes? Was ist objektiv gut und was nicht?

Ja, schwer zu sagen. Bei mir geht es viel um Duktus. Wenn ich sehe, dass jemand einen wirklich guten Strich hat, dann bin ich davon begeistert. Da muss dann auch nicht viel auf dem Bild sein. Da bin ich wieder bei Günther Förg. Er hat so eine lockere Art zu malen, die einfach top ist auch vom Duktus her.

Wo du gerade Förg ansprichst, ich war kürzlich bei Max Hetzler in der Ausstellung „TRUE STORIES – A SHOW RELATED TO AN ERA: THE EIGHTIES“. Dort hingen auch Arbeiten von Förg, neben Kippenberger, Oehlen, Wool, Schnabel etc. Ich vermisse den Humor manchmal, den Kippenberger und Oehlen in den 80ern hatten. Wo selbst Ausstellungseinladungen schon dermaßen gut waren und die Titel wirklich viel Witz und Kraft hatten.    

Ja, ein irrsinniger Humor, echt stark. Die haben es aber auch komplett gelebt die Jungs. Und Kippenberger war ja nicht nur in seinen Arbeiten so, er war als ganze Person durch und durch so.

Vorhin hast du mal Meese als ein Vorbild oder auch Inspirationsquelle genannt. Wen gibt es da sonst noch?

Ach, massig. Und immer wechselnd. Richard Aldrich finde ich zur Zeit mega. Hatte ich mir viel zu wenig angesehen bisher. Es gibt keine Top5 bei mir oder so, aber Förg kann ich mir immer wieder anschauen und immer wieder gut finden. Oder auch Sebastian Dacey aus der Förg-Klasse, finde ich top, was er macht. Das ist für mich auch ein neues Denken, wie man an ein Bild rangeht. Ach, da gibt’s viele Namen, so viele Leute, die man feiert, ist schwierig. Aber es schlägt bei mir meist in eine gewisse Richtung, da wo die Malerei eben diese gewisse Lockerheit hat, über die wir sprachen und die deswegen für mich dann eben auch interessant ist. 

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In den letzten Jahren wurde insbesondere die abstrakte Malerei gehypt. Was hältst du davon? Denkst du das sind nur kurze Trends oder kann sowas auch länger Bestand haben? Oder tangiert dich das gar nicht?

Schwer zu sagen. Letztlich geht es ja um die ganze Karriere. Da ist dann die Frage, wie lange geht so eine Karriere? Ich denke, dass Trends immer schneller wechseln und dass Künstlerkarrieren immer schnelllebiger werden. Ich glaube, dass es solche Künstlerkarrieren wie die von Baselitz oder Richter in der Form bald nicht mehr geben wird und dass die Halbwertszeiten immer kürzer werden. Da hast du dann vielleicht noch 10 oder nur 5 Jahre, wo es richtig dick wird. Vielleicht ist es auch ein Problem des Internets, dass alles immer schneller wird und sich dadurch auch Trends viel schneller ablösen. Und der Kunstmarkt wird ja auch viel von Trends bestimmt. Sicher hatte abstrakte Malerei jetzt ihren Hype, weil vieles auch wieder ungesehen war. Aber jetzt kommt vielleicht wieder ein figurativer Trend oder die Malerei wird mal wieder ganz für tot erklärt. Momentan habe ich das Gefühl, dass abstrakte Malerei und Malerei überhaupt nach wie vor sehr viel Zuspruch erfährt.

Ich behaupte auch mal, dass je digitaler alles wird, desto mehr sehnen sich die Menschen nach einem analogen, gemalten Bild, wo das Leben und der Einsatz des Künstlers im wahrsten Sinne greifbar werden.

Das ist ein interessanter Punkt. Momentan wird ja auch die Galerie als physischer Raum hinterfragt und es gibt immer mehr Online-Galerien. Aber ich denke die Galerie hat schon ihre Berechtigung, denn es ist einfach eine andere Erfahrung beim Betrachten der Kunst. Perrotin Paris beispielsweise war krass beeindruckend, es wirkt beim Hineingehen wie ein Stadtpalais oder wie ein Museum. Und andere Galerien sind einfach in Altbauwohnungen und der Besuch ist eine persönlichere, intimere Erfahrung. Das macht schon was aus.

Ich gehe morgen zum MD72. Die Räume der Galerie Neu in Kreuzberg sind ja auch wie in einer normalen Altbauwohnung. Da sehe ich mir die Ausstellung THE VITALIST ECONOMY OF PAINTING an, mit Amy Sillman, Wade Guyton, Charline von Heyl… freue ich mich schon sehr drauf. Hast du in letzter Zeit mal eine Ausstellung besucht, die dich besonders beeindruckt hat?

Auf der aktuellen Open Art in München fand ich die Josef Zekoff Ausstellung sehr gut. Das hat mich schon umgehauen, weil es so vieles aufgreift, was gerade aktuell ist oder noch aktuell werden kann. Und letztes Jahr war ich auf einer Sergej Jensen Ausstellung in Baden-Baden, die ich heftig fand. Ich finde ihn eh als Maler krass, es war auch das erste Mal, dass ich Sachen von ihm live gesehen habe, sehr beeindruckend. Spannend fand ich auch die Oscar Murillo Ausstellung vor kurzem im Haus der Kunst. Die war ganz anders als ich erwartet hatte, sehr installativ. An schwarz lackierten Metallkonstruktionen waren Stoffbahnen befestigt, sehr düster alles und dazwischen hingen die bemalten Leinwände. Die Ausstellung war auch richtig gut.

Daniel Richter hat mal gesagt „…das Dumme, das nicht gut Begründbare, ist das wirklich Interessante in der Malerei.“ Ich finde das sehr nachvollziehbar. Kannst du mit der Aussage was anfangen, vielleicht auch bezogen auf deine eigene Arbeit?

Ja, schon. Ich denke es gibt einfach so ein Gefühl, wenn du ein Bild anschaust und merkst, dass es in dir etwas auslöst und du dieses Gefühl aber nicht mit Worten benennen kannst. Ich bin ein großer Freund davon. Ich mache ja auch keine Malerei, die in dem Sinne viel Inhalt hat. Also, ich male nichts Politisches und hab auch kein wirklich benennbares Thema. Bei mir geht es eher um etwas, das emotional oder unbewusst passiert, so ein Kitzeln im Hinterkopf. Dann merke ich, dass mich ein Bild fasziniert, ohne dass ich es begründen kann.

Und wie arbeitest du technisch bzw, mit welchen Materialien arbeitest du?

Da halte ich es sehr klassisch. Ich spanne Leinwand auf Keilrahmen. Zurzeit male ich aber recht wenig mit Pinseln, ich benutze hauptsächlich Squeeze-Flaschen. Ich mische die Ölfarben recht dünn an und dann quetsche ich die Farbe aus der Spitze raus. Ich kann besser zeichnen als malen und für mich ist es auf diese Weise näher dran am Zeichnen. Eine Zeichnung funktioniert für mich auch irgendwie logischer, ein Strich ist für mich nachvollziehbarer als eine Fläche. Meine Bilder haben auch kaum Flächen in dem Sinne.

Es sind bei dir eher Flächen aus Strichen, oder?

Ja, richtig. Es sind eigentlich Flächen aus Strichen. Ich mag das schon sehr, wenn es eher grob gemalt ist und man immer auch den Duktus sehen kann. Es kann so viel Ästhetik in einem Strich drinstecken. Das hat schon fast etwas Buddhistisches, eine Linie so zu setzen, dass sie geil ist und man sie sich ewig ansehen möchte.

Weißt du schon, wie’s bei dir weitergeht – was kommt als nächstes?

Es ist so ein Phänomen, dass sich aus jeder Ausstellung wieder etwas Neues ergibt, das daran anknüpft. Es geht immer einen Schritt weiter. Manchmal ist es aber auch schön, Zeit im Atelier und keinen Termindruck zu haben.

Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, was als nächstes von dir kommt – vielen Dank für das gute Gespräch!

Danke dir, hat Spaß gemacht.

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Malte Buelskaemper